Bibiana
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Telgter Gnadenbild. Das Telgter Gnadenbild - eine Pieta aus Norddeutschland, um 1370, aus Pappelholz (und nicht aus Lindenholz wie ursprünglich angenommen). Vermutlich von einem Lübecker Hansekaufmann …Mehr
Telgter Gnadenbild.

Das Telgter Gnadenbild - eine Pieta aus Norddeutschland, um 1370, aus Pappelholz (und nicht aus Lindenholz wie ursprünglich angenommen).
Vermutlich von einem Lübecker Hansekaufmann aus Telgte kam es zuerst für seine verstorbenen Eltern auf den Friedhof zu Telgte. Schon bald zog dieses ergreifende Karfreitagsbild viele Gläubige an, und manche Gebetserhörung gewährte die "Trösterin der Betrübten". Urkundlich erwähnt wird das Gnadenbild erstmals 1455. Dem berühmten Fürstbischof von Galen (1650-1678) gebührt das Verdienst zur würdigen Unterbringung des Gnadenbildes, eine barocke Marienkapelle zu errichten. (1. Juni 1654 Grundsteinlegung, feierliche Weihe am Fest Mariä Heimsuchung 1657). Viele ungewöhnliche
Gebetserhörungen und Heilungen wurden bekannt, das Gnadenbild wurde reich mit Festgewändern und Weihegaben geschmückt, vor allem aus Anlass der Jahrhundertjubiläen der Grundsteinlegung der Gnadenkapelle in den Jahren 1754, 1854 und 1904.
Bis zum Jahre 1854 hing der rechte Arm des Schmerzensmannes senkrecht nach unten, wie noch auf alten Abbildungen zu sehen ist. Doch durch "Anrühren" der vielen Pilger war er schadhaft geworden und ein neuer Arm wurde in den Schoss Christi, in waagerechter Haltung gelegt.
Nach neuer Version heisst es aber "Für eine geschlossene gotische Form der Figur war es notwendig, dass der rechte Arm des toten Christus senkrecht herabhing. Nur auf diese Weise waren alle fünf Wundmale für den Betrachter deutlich sichtbar. 1854 war jedoch das Verständnis für die theologische Aussage der Figur verloren gegangen. Man glaubte an der Schulter Anzeichen zu erkennen, dass der Arm früher einmal verändert wurde und ursprünglich waagerecht im Schoss lag. Dieser vermeintliche "Urzustand" wurde wiederhergestellt. Die bisher sichtbar grosse Herzwunde wurde dabei aber verdeckt...Ebenfalls erneuert wurden die Beine, die Haare und der Thron. Maria erhielt zudem ein Halstuch!...Der heutige dunkle Eindruck, den das Gnadenbild vermittelt, beruht auf einer bewussten Verwischung des Brokatmusters der letzten Farbfassung, der üblichen Verrussung durch die Kerzen und mehreren schwärzlichen Nachfassungen."
Den Höhepunkt aller Jubiläumsfeiern bildete das Jubeljahr 1904. Rom reihte das Telgter Gnadenbild in die von Rom anerkannten und feierlich beglaubigten Gnadenbilder in aller Welt ein. Pius X. ordnete die feierliche Krönung des Telgter Gnadenbildes durch Kardinal Fischer/ Köln an, die am 3. Juli 1904 auf dem Marktplatz in Telgte erfolge. Maria erhielt auch ein kostbares Festgewand aus schwerem rotem Samt mit echter Gold- und Silberstickerei. (Von diesem Festgewand sind heute nur noch Fragmente erhalten).

Am 13. November 1935 ist die kostbare Jubiläumskrone von 1904 mit anderen Weihegaben und Kirchengeräten geraubt worden. Besonders schmerzlich, da sie aus Einzelspenden von Gold, Silber, Perlen und Edelsteinen vieler Pilger entstand. Von allen Kronen, vermutlich 8, die das Bild getragen hat, ist heute nur noch eine erhalten, und zwar die aus dem Jubiläumsjahr 1854.

Der selige Bischof Clemens August Kardinal von Galen, der "Löwe von Münster", (1878-1946) war zeitlebens ein glühender Verehrer der Schmerzensmutter von Telgte. Am Tag vor seiner Bischofsweihe am 28. Oktober 1933, pilgerte er von Münster nach Telgte und stiftete ihr einen goldenen Wappenring, den er am Tage seiner ersten heiligen Kommunion von seinen Eltern als Geschenk erhalten hatte. Er wurde am Ringfinger des Gnadenbildes befestigt und ist 1969 geraubt worden. Heute trägt die Schmerzensreiche einen Bischofsring aus der Familie von Galen, den Clemens August auch getragen hat.
Bevor Clemens August von Galen am 16. März 1946 mit den Insignien seiner Kardinalswürde, durch Papst Pius XII. zum Kardinal erhoben, in Münster eintraf, machte er Station in Telgte.
"Mein Weg geht zuerst zur Gnadenkapelle von Telgte, und von dort halte ich Einzug in meine Diözesanhauptstadt".
Anlässlich seines 60. Todestages am 22. März 1906 wurde in die Stele unter dem Telgter Gnadenbild am 26.3.2006 eine Reliquie des neuen Seligen, (Seligsprechung am 9.10.2005 durch Papst Benedikt XVI)., eingelassen. In der Reliquie ist er nun dauerhaft bei der Schmerzhaften Mutter zu Telgte.
Das Reliquiar aus Silber und Bergkristall enthält das Fingerglied der rechten Hand von Galens, an dem er den Bischofsring trug.

PS
Im Zuge einer umfangreichen Untersuchung des Telgter Gnadenbildes wurde in den Jahren 1990 und 1991 die Figur konserviert und die Farbschichten gefestigt. Im Haupt Mariens wurden zum Teil beschriftete Reliquienpäckchen gefunden, die allem Anschein nach von einer Pilgerreise ins Heilige Land mitgebracht wurden.

Die Reliqien: Öl von einem Marienbild aus Sardanai (wohl in Syrien), ein Zahn der hl. Martyrerin Apollonia und ein Knochenstück des hl. Martyrers Pachomius, (beide aus Alexandrien), sowie ein Stück von der Rute (wohl von der Geisselung Jesu). Die Schrift auf den Pergamentstreifen bestätigt zudem die Entstehungszeit der Pieta um 1370.
Bibiana
Bilder dieses Typs, sog. Vesperbilder, fanden besonders in Norddeutschland grosse Verbreitung.
cyprian
Wieder ein Juwel aus dem katholischen Norden!
Caeleste Desiderium
Sehr schön 🙏 🙏 🙏
Bibiana
Ave Maria!