Möchte Zulehner ein Spalter sein?

Replik auf „Rückzug ins Ghetto“, Gastkommentar, von Paul M. Zulehner, 3.Februar.

Wieder einmal sieht sich der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner bemüßigt, Personalentscheidungen des Papstes zu bewerten und zu kommentieren. In seinem Kommentar spricht er von einem „Signal der Selbstzerstörung“, von „Schrumpfen und Ghettoisierung“ und „weiterem Verlust der bischöflichen Autorität“. Wie kommt er eigentlich dazu? Warum legt Zulehner nicht seine ideologischen Scheuklappen ab und analysiert als Pastoraltheologe die Früchte von Gerhard Maria Wagner?

In Windischgarsten gibt es eine der stärksten katholischen Jugendgruppen in der gesamten Diözese, etwa 280 ehrenamtliche Laien und viele Gebetskreise. Jeden Sonntag ist die Kirche voll. Pfarrer Wagner besucht als Seelsorger regelmäßig seine Pfarrschäfchen und kümmert sich in beeindruckender Weise um sie. Das ist kein „Schrumpfen“, sondern eine volle Blüte.

Zulehner meint, dass jene, die Wagner zum Weihbischof gekürt hätten, die „Lektion eben nicht gelernt“ hätten und dass diese „umso schuldiger an jenem Schaden, der sich unvermeidlich einstellen wird“, seien. Wünscht sich Zulehner einen Schaden? Ist ein solcher Wunsch christlich?

Falsch sind auch die Behauptungen von Zulehner, dass mit der Ernennung von Gerhard Maria Wagner „die Autorität des Bischofs schweren Schaden leiden“ werde. Im Gegenteil: Wagner war immer eine positive Autorität, die respektiert wurde und wird, und er wird dies auch in Zukunft sein. Seine freundliche und überzeugende Art trägt dazu bei, wie alle wissen, die ihn persönlich kennen und sich nicht an einem medial verzerrten Bild orientieren.

Die Stimmung in der Diözese Linz ist aufgrund der Ernennung keineswegs resignativ, wie Zulehner behauptet. Er verwechselt wohl die veröffentlichte Meinung mit der öffentlichen Meinung. Pfarrer Wagner bekommt nach eigenen Aussagen Unmengen von E-Mails aus der Diözese, die überwiegend positiver Natur sind.

Der spirituelle Hunger wächst, da ist Zulehner durchaus zuzustimmen. Gerhard Maria Wagner hat allerdings als Pfarrer seit über 20 Jahren bewiesen, dass er fähig ist, mitzuhelfen, dass dieser Hunger bei den Menschen auch gestillt wird. Offenbar ist dies alles für einen Pastoraltheologen irrelevant. Er gibt lieber eine kirchenpolitische Linie aus: „Die Grundstimmung wird heißen: auf den nächsten Bischof warten und verhindern, dass Wagner auch noch Nachfolger von Schwarz wird.“ Was heißt dieses „Verhindern“? Über Weihbischof Wagner möglichst viel Schlechtes zu verbreiten und ihn zu desavouieren? Ist das christlich?

An biblischen Grundsätzen orientieren

„Ich komme nicht, um die Spaltung zu bringen. Ich komme und stelle fest, dass es tatsächlich ein Stück weit die Polarisierung gibt. Ich werde an der Seite des Bischofs sein, und da wird uns nichts trennen können.“ Dies stellte der designierte Weihbischof am Montag bei der Pressekonferenz in Linz fest, und diese Einheit wird – Gott sei Dank – auch Paul Zulehner nicht verhindern können.

Nicht diejenigen sind im Übrigen die Spalter, die sich hinter Papst und Kirche stellen, sondern diejenigen, die von Papst und Kirche abweichen, wie Gerhard Maria Wagner diese Woche sehr treffend festgestellt hat. Möchte Herr Zulehner ein Spalter sein oder für die wirkliche Einheit der Kirche einen Beitrag leisten?

Der Wiener Pastoraltheologe möge sich daher in Zukunft bei Kommentaren zu Bischofsernennung mehr an biblischen Grundsätzen orientieren, und nicht nach Ideologien. Das merkte übrigens diese Woche auch der Linzer Diözesanbischof Ludwig Schwarz an, der im Zusammenhang mit den Kritikern deutlich an das Bibelwort erinnerte: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?“

Mag. Roland Noé ist Theologe aus der Diözese Linz und Mitherausgeber der katholischen Internetzeitung kath.net.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2009)

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