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Mittwoch, 20. Juli 2022

Abgesang an das "Zeugnis des Lebens"

Nach und nach streichen die Bistümer nun den Aspekt der Lebensführung aus dem Anforderungskatalog für Religionslehrer (Lebensführung kein Kriterium mehr für Religionslehrer in Hildesheim).

Das ist einerseits natürlich ein Skandal, andererseits aber auch irgendwie skurril.

Evangelisierung, Verkündigung des Evangeliums läuft über das Zeugnis: Ich gebe Zeugnis von Christus. Dieses Zeugnis ist schon immer ein zweigeteiltes, es besteht aus einem "Zeugnis des Wortes" und einem "Zeugnis des Lebens". Seit Jahrzehnten wird in Deutschland das Zeugnis des Lebens so sehr überbetont, dass das Zeugnis des Wortes nicht selten ganz ausfällt. "Wir wollen die Menschen nicht mit Worten belehren, sondern ihnen das Evangelium vorleben", heißt es salbungsvoll. Dagegen das Vaticanum II in seinem Dekret über das Laienapostolat, nachdem die Bedeutung Lebenszeugnisses sehr betont wurde: "Dennoch besteht dieses Apostolat nicht nur im Zeugnis des Lebens. Ein wahrer Apostel sucht nach Gelegenheiten, Christus auch mit seinem Wort zu verkünden, sei es den Nichtgläubigen, um sie zum Glauben zu führen, sei es den Gläubigen, um sie zu unterweisen, zu stärken und sie zu einem einsatzfreudigen Leben zu erwecken" (Nr. 6)

Was heißt es nun aber für das Doppelzeugnis aus Wort und Leben, bei dem schon lange das Wort vernachlässigt wurde, wenn die Lebensführung plötzlich irrelevant wird? Man darf wohl bezweifel, dass man sich nun ganz auf das Zeugnis des Wortes konzentrieren wird...

Ich verbleibe mit KKK 2044: „Damit die Heilsbotschaft vor den Menschen ihre Wahrheits- und Ausstrahlungskraft zeigen kann, muss sie durch das Lebenszeugnis der Christen beglaubigt werden.“

Dienstag, 8. März 2022

Bätzing verdreht Henri de Lubac

In seiner Predigt zur Eröffnung der Vollversammlung der DBK am 7. März 2022 hat der Vortsitzende der DBK ausgerechnet Henri de Lubac zitiert, um seine kruden Ideen über die Kirche Ausdruck zu geben. Er führte aus:

»Die Kirche Jesu Christi ist „katholisch“. Und das meint weit mehr als „römisch-katholisch“ in seiner konkreten Gestalt. Katholizität, so hat es der französische Jesuit Henri de Lubac (1896–1991) durch beharrliche Studien herausgearbeitet, ist ein Zielbild, geschichtlich stets eine Herausforderung und niemals Besitzstand, den es zu verteidigen gilt. „Der Katholizismus [...] ist die Form, die die Menschheit annehmen soll“, schreibt de Lubac, „um endlich sie selbst zu werden. Er ist die einzige Wirklichkeit, die, um zu sein, es nicht nötig hat, sich entgegenzusetzen, also alles andere als eine ‚geschlossene Gesellschaft‘“ (Henri de Lubac, Glauben aus der Liebe [„Catholicisme“, 1938 erschienen]. Übertragen und eingeleitet von Hans Urs von Balthasar, Einsiedeln-Freiburg 1992, 263: Weiter spricht er davon, den Katholizismus zeichne eine Unduldsamkeit seiner Grundsätze und zugleich eine unendlich umfassende Geschmeidigkeit aus). Katholisch, das ist gelebte Verbundenheit, nicht konfessionelle Enge, nicht Abschottung und Identität durch Grenzziehungen. [...] Katholizität meint Verbundenheit. Um dieses Zielbild zu verwirklichen, müssen wir wohl noch etliche Barrieren überwinden, Durchbrüche wagen und bisher gültige Denkweisen verändern – und zuallererst demütig bekennen, wie sehr wir uns in der Kirche an unseren eigenen Geschwistern schuldig gemacht haben; wie sehr wir deren Leben belastet und ihnen die Verbundenheit verwehrt haben.«


Bätzing möchte mit allen Menschen "verbunden" sein, und meint damit v.a., dass die Kirche alles, was diese Menschen tun, etwa in ihren Betten, akzeptieren soll.

Damit verkehrt er die Aussage von de Lubac in ihr genaues Gegenteil. Ja, de Lubac sagt: »Die Kirche ist überall zu Hause, und jeder soll sich in der Kirche zuhause fühlen können« (ebd.), aber er wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass dies bedeuten könnte, dass sich die Kirche entsprechend an alles anpassen müsse, am wenigsten in Sachen der Moral. De Lubac stellt vielmehr klar, dass die Kirche "ohne jede Naivität" auf die Menschen zugeht, d.h. sie nimmt nicht einfach alles an, sondern sie unterscheidet, sucht das "Gute" und das "Wahre" und meidet zugleich den Irrtum (ebd. 264-265) [gemäß der Mahnung des Paulus: »Prüft alles und behaltet das Gute!« (1Thess 5,21) Immer Eingedenk des darauffolgenden Verses: »Meidet das Böse in jeder Gestalt!« Vgl. ebd. 254-256]. Die sichtbare Katholizität, die sich in der Vielfalt zeigt, die sie beherbergt, ist so letztlich Ausdruck ihres inneren Reichtums.

Kurioserweise nennt de Lubac sodann etwas beim Namen, was Bätzing eigentlich die Schamesröte ins Gesicht treiben müsste, denn er, Bätzing, tut genau das, was du Lubac hier verwirft, bis in die Wortwahl ("verbinden") hinein: 

»So wenig die Methode der Kirche naiv ist, so wenig ist sie synkretistisch. Künstlich erzeugt und häufig das Werk von Verwaltungsinstanzen und Gelehrten, setzt der Synkretismus einen niedergehenden Glauben voraus. Er ist eine Beleidigung des lebendigen Gottes. Im Geistigen ist er unfruchtbar wie die Politik und die Philosophie, der er entstammt. Er erniedrigt und verflacht alle Elemente, die er verbindet [...].«

Genau da sind wir: Die Kirche (in Deutschland!) ist im Niedergang begriffen und Bätzing möchte durch Verwaltungsinstanzen und mit gelehrten Redelsführern (suizidaler Weg) das Ruder herumreißen, indem er einen Synkretismus fabriziert, der allerlei wesentliche Elemente des Katholischen erniedrigt und verflacht (z.B. das Priestertum und eben die Moral).

Die Kirche kann Heimat für alle Menschen sein, weil sie die Fülle der Gnade und der Wahrheit Gottes ihr eigen weiß. Als Christen glauben wir, dass einer der Weg, die Wahrheit und das Leben für alle Menschen ist. Dass die Kirche "katholisch" ist bedeutet gerade nicht, dass sie allen Menschen angepasst werden kann oder gar soll, sondern im Gegenteil, dass alle Menschen sich ihr anschließen können auch in ihrer Strenge und Klarheit. De Lubac weiter (durchaus kämpferisch):

»Endlich kann hier auch nicht von "Liberalismus" die Rede sein, von Willfährigkeit gegenüber dem Irrtum oder vom Schalwerden des evangelischen Salzes. Wie das Christentum in der ganzen Strenge seiner Forderungen vorgetragen werden muss, so muss man es auch in seiner ganzen Reinheit hervortreten lassen. Es wäre sträflich, die sanfte Strenge des Evangeliums zu verschleiern; aber nicht weniger, es mit überflüssigem Ballast zu beschweren; dies hat schon das erste Konzil verkündet. Und wenn es auch ausgemacht ist, dass das Bekehrungswerk in seinem Wesen nicht darin besteht, die übernatürliche Wahrheit zu adaptieren, sie auf das menschliche Maß herabzudrücken, sondern umgekehrt den Menschen ihr anzupassen und ihn zum Maß dieser Wahrheit, die ihn beherrscht und ihn richtet, zu erheben, so müssen gerade wir, ihre Diener, uns vor nichts so sehr hüten als vor einer lästerlichen Verwechslung unserer Geschmäcker, unserer Gewohnheiten, unserer Vorurteile, unserer Leidenschaften, unserer Beschränktheiten und Schwächen mit der göttlichen Religion, von der wir noch so wenig durchdrungen sind. Wir sollen die Seelen für Gott, nicht für uns gewinnen, und ihnen. Gott schenken, statt uns selbst ihnen aufdrängen. Wenn man dies für Liberalismus hält, so ist es jedenfalls kein anderer als der der Liebe. Da mihi amantem et scit quid dicam.

Das große Beispiel des hl. Paulus ist am geeignetsten, vor jeder hier möglichen Verwechslung im voraus zu sichern. Keiner schämte sich weniger als Paulus, das Ärgernis des Kreuzes zur Schau zu tragen, und keiner fürchtete mehr als er, dessen Kraft abzustumpfen. Keiner hat vorbehaltloser als er die Notwendigkeit verkündet, mit dem Irrtum und der Sünde zu brechen und sich selbst zu sterben, um ein neues Leben in Christus zu leben: "Fegt aus den alten Sauerteig und seid ein neuer Teig." Aber Paulus weigert sich, auf die Forderungen der judaisierenden Christen einzugehen. Er erhebt sich sogar gegen jene, die seine Kühnheit einschüchtert. Geschieht es einzig deshalb, "um, wie er selbst sagt, dem Evangelium kein Hindernis zu schaffen" oder "für Christus eine große Menge" Heiden zu gewinnen? Diese Absicht erklärte sein Verhalten nicht ganz. Was den Apostel bestimmt, ist nicht vor allem das Interesse der Propaganda: es ist die Logik seines Glaubens. Seine Gegner werfen ihm vor, dass er aus politischer Klugheit das Joch des Herrn erleichtert, indem er das Gesetz aufgibt. Nein, erwidert er, nicht damit die Menschen mich gut aufnehmen, handle ich so, sondern um mich Gott verdient zu machen. Wenn ich das "Evangelium Gottes" predige, will ich es nicht "nach Menschen weise" verkünden. Weit davon entfernt, die Lehre aus Opportunitätsrücksichten zu kompromittieren, verteidigt Paulus vielmehr ihren wahren Charakter gegen die unklugen Zugeständnisse Petri. Er weigert sich, das Evangelium andern zuliebe zu ändern, weil er damit Christus untreu würde (1Kor 1,17; 5,7; 9,12 und 19-22; Gal 1,10-11; 2,11-24).

Der Geist, der den Apostel leitet, ist derselbe, der noch heute die Kirche lenkt, und der durch die Stimme der letzten Päpste spricht [gemeint sind Pius IX. bis Pius XI.]. Der Weg, auf den er uns verpflichtet, ist der einzig sichere. Ihm folgen ist weder Naivität noch Synkretismus noch Liberalismus, sondern einfach Katholizismus.« (ebd. 265-267)

Bätzing sollte nochmal genau nachlesen und sich dann schämen! Ich kann bloß hoffen, dass sein bischöflicher Mitbruder aus Regensburg, der ein ausgewiesener Experte für Henri de Lubac ist, ihn auf seine Verirrung (und die Irreführung seiner Zuhörer) hinweist.

Donnerstag, 24. Februar 2022

Gottesmutter von Potschajiw, bitte für uns!

Die Gottesmutter von Potschajiw ist eine spätbyzantinische Ikone (Typus Eleusa, die Mitleidende, Erbarmende) aus dem Mariä-Entschlafens-Kloster (das zweitgrößte Kloster der Ukraine, gehört zum Moskauer Patriarchat[!]) in Potschajiw, eine Stadt am Rande der Karpaten im Westen der Ukraine, die zuweilen als das "ukrainische Lourdes" bezeichnet wird.

Das erste Wunder, eine Erscheinung Mariens in einer Flamme, soll in Potschajiw im Jahr 1193 geschehen sein, es ist noch heute im Stadtwappen abgebildet. Am Ort der Erscheinung sei eine Quelle entsprungen, die noch heute fließt. Weitere Wunder, insbesondere in Zusammenhang mit der Ikone der Muttergottes, sollen v.a. im 16. Jahrhundert geschehen sein.

Die Ikone wird von Katholiken wie auch Orthodoxen gleichermaßen verehrt (im 18. Jahrhundert entstandte Papst Klemens XIV zwei Kronen für die Ikone, eine für Maria, eine für das Jesuskind, womit er die Wundertätigkeit der Ikone anerkannte); sie ist besonders für die ukrainisch-griechisch katholischen Christen von großer Bedeutung.

Gottesmutter von Potschajiw, bitte für uns!

Donnerstag, 3. Februar 2022

#OutInChurch ist ein schlechter Witz

"Das größte Coming-Out in der Geschichte der katholischen Kirche in Deutschland"... WOW! 125 an der Zahl! Imposant!

 

Ähäm: die Kirche ist der größte Arbeitgeber in Deutschland und unter den 125 befinden sich, entgegen manch bewusst unklarer Darstellung in vielen (auch kirchlichen) Medien, die von "Mitarbeitenden" sprechen, nicht nur hauptamtlich bei der Kirche Beschäftigte, sondern auch "nur" ehrenamtlich Engagierte und Theologiestudenten.

Von diesen 125 sind 31, also ein Viertel, anonym (auf dem Bild nicht erkennbar und ohne vollen Namen). Ein anonymes Outing im Internet ist überhaupt kein Outing, es ist nur eine anonyme Behauptung im Internet.

Ich kenne drei der Personen auf der Liste persönlich und schon seit Jahren (logischerweise von von verbliebenen nicht-anonymen), und bei zweien davon wusste jeder in deren studentischen, beruflichen und privaten Umfeld, was Sache ist. Auch das qualifiziert nicht als Outing, man nennt es eine Medienkampagne. 

Aus dem selben Grund weiß ich, dass die achso Mutigen in der übergroßen Mehrheit durch ihr "Outing" tatsächlich gar nichts zu befürchten haben.


Außerdem wird diese Aktion insbesondere einen Effekt haben: Die meisten "Normalos" außerhalb der Kirche, mit denen die "geouteten" offenbar wenig zutun haben, betrachten die katholishen Priester ohnehin als einen Haufen von "Homos und Pädos"; da in der Berichterstattung sehr darauf abgehoben wird, dass unter den "Geouteten" auch Priester sind, tut die Aktion nichts weiter, als dieses bescheuerte Vorurteil zu bestätigen (der Pädo-Teil ist durch den Missbrauchsskandal schon abgedeckt). Na schönen Dank!


Zu schlechter Letzt dient diese Aktion ganz bewusst auch dazu, den Mythos zu verstärken, wonach die Kirche Homosexualität an sich als Sünde betrachtet, und nicht etwa nur die homosexuellen Akte (wie jede außerehelich praktizierte Sexualität). Das ganze ist ein durchdachtes Stufenmodell, das über Desinformation und ansteigende Forderungen funktioniert.

Das Ziel ist klar und durchsichtig: Es geht gar nicht darum, dass Homosexuellen der Respekt entgegen gebracht wird, der ihnen als Menschen und als Getauften zukommt (was tatsächlich häufig nicht geschieht und auch einen Verstoß gegen die katholische Moral darstellt!), denn offenkundig haben die "Geouteten", das wird aus allen Wortmeldungen deutlich, keinerlei Interesse, ihr Leben gemäß der kirchlichen Morallehre zu gestalten (vgl. HIER meine Gedanken zum Thema "Keuschheit"). Vielmehr geht es darum, dass praktizierte gleichgeschlechtliche Sexualität nicht mehr als Sünde betrachtet, sondern als legitim anerkannt wird. Der nächste Schritt ist dann (das weiß ich von denen, die ich von den 125 kenne), die gleichgeschlechtlichen Verbindungen ganz offiziell segnen lassen zu können, und schließlich ist das Ziel ihre, wie es heißt, "sakramentale Anerkennung" (was in sich schon sakramententheologischer Unfug der Extraklasse ist).

 

Bischöfe und andere, die sich damit solidarisieren, bemerken das entweder nicht, oder sie nehmen es in Kauf, oder sie unterstützen es selbst bis zum Letzten. Tja.

Donnerstag, 2. Dezember 2021

Michel Aupetit

Dass der Papst geradezu in Rekordzeit das Rücktrittsangebot des Pariser Erzbischofs Aupetit angenommen hat, lässt vermuten, dass da tatsächlich einiges im Argen liegt... Äußerst schade, er war ein echter Hoffnungsträger (Kardinal? Papabile?). Bleibt zu hoffen, dass damit nicht auch seine Glaubwürdigkeit als Bioethiker hinüber ist; vielleicht nutzt er die freie Zeit, mehr zu schreiben?

Dazu fällt mir das Buch der Sprichwörter ein, in Kapitel 5 heißt es:

1 Mein Sohn, merke auf meine Weisheit, / neige meiner Einsicht dein Ohr zu, 2 damit du Besonnenheit bewahrst / und deine Lippen auf Klugheit achten! 3 Denn die Lippen der fremden Frau triefen von Honig, / glatter als Öl ist ihr Gaumen. 4 Doch zuletzt ist sie bitter wie Wermut, / scharf wie ein zweischneidiges Schwert. 5 Ihre Füße steigen zum Tod hinab, / ihre Schritte gehen der Unterwelt zu. 6 Den Pfad zum Leben verfehlt sie, / ihre Wege schwanken und sie merkt es nicht. 7 Nun denn, ihr Söhne, hört auf mich, / weicht nicht ab von den Worten, die mein Mund spricht! 8 Halte deinen Weg von ihr fern, / komm ihrer Haustür nicht nahe! 9 Sonst schenkst du anderen deinen Glanz, / deine Jahre einem Rücksichtslosen; 10 sonst sättigen sich Fremde an deinem Vermögen, / die Frucht deiner Arbeit kommt in das Haus eines andern 11 und am Ende wirst du stöhnen, / wenn dein Leib und dein Fleisch dahinsiechen. 12 Dann wirst du sagen: Ach, ich habe die Erziehung gehasst, / mein Herz hat die Zurechtweisung verschmäht; 13 ich habe nicht auf die Stimme meiner Erzieher gehört, / mein Ohr nicht meinen Lehrern zugeneigt. 14 Fast hätte mich alles Unheil getroffen / in der Versammlung und in der Gemeinde. 15 Trink Wasser aus deiner eigenen Zisterne, / Wasser, das aus deinem Brunnen quillt! 16 Sollen deine Quellen auf die Straße fließen, / auf die freien Plätze deine Bäche? 17 Dir allein sollen sie gehören, / keine Fremden sollen teilen mit dir. 18 Dein Brunnen sei gesegnet;...

Freitag, 23. Juli 2021

Die richtige Antwort auf Traditionis custodes

Es ließe sich viel über jenes schlampig geschriebene, auf Unwissenheit und Desinteresse beruhende, politisch-ideologisch motivierte, unbarmherzige, pauschal verurteilende, unnötige, theologisch abgründige, traditionsvergessene, in keiner Weise auf Versöhnung und kirchliche Einheit ausgerichtete, sondern letztlich schismatische Tendezen nur provozierende Motu proprio sagen... Aber die beste Antwort darauf hat bisher m.E. der Erzbischof von Sydney insbesondere in den ersten Abschnitten gegeben:




Sonntag, 18. Juli 2021

Traditionis custodes

zu Deutsch: "Wächter des Verrats"?

Buch Jeremia 23,1-6:

Weh den Hirten, die die Schafe meiner Weide zugrunde richten und zerstreuen - Spruch des Herrn.
Darum - so spricht der Herr, der Gott Israels, über die Hirten, die mein Volk weiden: Ihr habt meine Schafe zerstreut und versprengt und habt euch nicht um sie gekümmert. Jetzt ziehe ich euch zur Rechenschaft wegen eurer bösen Taten - Spruch des Herrn.
Ich selbst aber sammle den Rest meiner Schafe aus allen Ländern, wohin ich sie versprengt habe. Ich bringe sie zurück auf ihre Weide; sie sollen fruchtbar sein und sich vermehren.
Ich werde für sie Hirten bestellen, die sie weiden, und sie werden sich nicht mehr fürchten und ängstigen und nicht mehr verlorengehen - Spruch des Herrn.
Seht, es kommen Tage - Spruch des Herrn -, da werde ich für David einen gerechten Spross erwecken. Er wird als König herrschen und weise handeln, für Recht und Gerechtigkeit wird er sorgen im Land.
In seinen Tagen wird Juda gerettet werden, Israel kann in Sicherheit wohnen. Man wird ihm den Namen geben: Der Herr ist unsere Gerechtigkeit.

Dienstag, 1. Juni 2021

Zum erneuerten kirchlichen Strafrecht

Papst Benedikt XVI. im Interview mit Peter Seewald in „Licht der Welt“ 2010 (aus JRGS 13/2, 865):

»[Seewald:] Es ist nicht nur der Missbrauch, der erschüttert, es ist auch der Umgang damit. Die Taten selbst wurden über Jahrzehnte ver schwiegen und vertuscht. Eine Bankrotterklärung für eine Institution, die sich die Liebe auf ihr Banner geschrieben hat.

[Ratzinger:] Dazu hat mir der Erzbischof von Dublin etwas sehr Interessantes gesagt. Er sagte, dass das kirchliche Strafrecht bis in die späten 1950er-Jahre hinein funktioniert hat; es war zwar nicht vollkommen – vieles ist daran zu kritisieren –, aber immerhin: Es wurde angewandt. Doch seit der Mitte der 1960er-Jahre wurde es einfach nicht mehr angewandt. Es herrschte das Bewusstsein, die Kirche dürfe nicht Rechtskirche, sondern müsse Liebeskirche sein; sie dürfe nicht strafen. So war das Bewusstsein dafür, dass Strafe ein Akt der Liebe sein kann, erloschen. Damals kam es auch bei ganz guten Leuten zu einer merkwürdigen Verdunkelung des Denkens. Heute müssen wir wieder neu erlernen, dass die Liebe zu dem Sünder und die Liebe zu dem Geschädigten dadurch im rechten Ausgleich stehen, dass ich den Sünder in der Form bestrafe, die möglich und die angemessen ist. Insofern gab es in der Vergangenheit eine Bewusstseinsveränderung, durch die eine Verdunkelung des Rechts und der Notwendigkeit von Strafe eingetreten ist – letztendlich auch eine Verengung des Begriffs von Liebe, die eben nicht nur Nettigkeit und Artigkeit ist, sondern die in der Wahrheit ist. Und zur Wahrheit gehört auch, dass ich denjenigen strafen muss, der gegen die wirkliche Liebe gesündigt hat.«


Papst Franziskus in der Apostolischen Konstitution Pascite gregis Dei vom 23. Mai 2021, mit der das Buch VI des Codex des kanonischen Rechtes erneuert wird (hier):

»Die Beachtung und Respektierung der Strafdisziplin der Kirche ist Aufgabe des ganzen Volkes Gottes, aber die Verantwortung für ihre korrekte Anwendung ist […] in besonderer Weise den Hirten und den Oberen der einzelnen Gemeinschaften aufgetragen. Es ist eine Aufgabe, die in untrennbarer Weise mit dem munus pastorale verbunden ist, das ihnen anvertraut wird. Sie soll als konkretes und unverzichtbares Erfordernis der Liebe gegenüber der Kirche, der christlichen Gemeinschaft und der eventuellen Opfer ausgeübt werden, aber auch gegenüber demjenigen, der eine Straftat begangen hat und der, zusammen mit der Barmherzigkeit, auch der Korrektur von Seiten der Kirche bedarf.

Das Unverständnis für den engen Zusammenhang, der in der Kirche zwischen der Ausübung der Liebe und der Umsetzung der Strafdisziplin besteht – immer, wenn es die Umstände und die Gerechtigkeit erforderlich machen –, haben in der Vergangenheit viel Schaden verursacht. Diese Art des Denkens – die Erfahrung lehrt uns das – steht in der Gefahr, dahin zu führen, dass man mit Gewohnheiten lebt, die der Rechtsordnung entgegenstehen und denen nicht nur durch Ermahnungen und mit Ratschläge begegnet werden kann. Eine solche Situation bringt oft die Gefahr mit sich, dass sich eine bestimmte Lebensweise im Laufe der Zeit verfestigt, eine Korrektur schwieriger macht und in vielen Fällen Ärgernis und Verwirrung unter den Gläubigen hervorruft. Aus diesem Grund ist die Anwendung der Strafen von Seiten der Hirten und der Oberen notwendig. Die Nachlässigkeit eines Hirten bei der Anwendung des Strafrechts macht deutlich, dass er seine Aufgabe nicht recht und treu ausübt […].

Es ist tatsächlich die Liebe, die es erforderlich macht, dass die Hirten das Strafsystem immer dann anwenden, wenn es erforderlich ist, und dabei die drei Ziele beachten, die es notwendig machen, nämlich die Wiederherstellung der Erfordernisse der Gerechtigkeit, die Besserung des Straftäters und die Beseitigung von Ärgernissen.«

 

Can. 1365 fand sich zuvor unter der Nummer 1371. Er ist also von den "Straftaten gegen die kirchliche Autorität und die Ausübung des kirchlichen Amtes" gewandert zu den "Straftaten gegen den Glauben und die Einheit der Kirche". Ob er nun auch vermehrt zu Anwendung kommt?

»Wer außer dem in can. 1364 § 1 genannten Fall [Apostasie, Häresie, Schisma] eine vom Papst oder einem Ökumenischen Konzil verworfene Lehre vertritt oder eine der in can. 750 § 2 oder in can. 752 behandelten Lehren hartnäckig ablehnt und, nach Verwarnung durch den Apostolischen Stuhl oder den Ordinarius nicht widerruft, ist mit einer Beugestrafe und Amtsverlust zu bestrafen; diesen Strafen können andere der in can. 1336 §§ 2-4 genannten Strafen hinzugefügt werden.«
 

Dienstag, 18. Mai 2021

pädophile Prävention?

Im Januar hat die "Bundeskonferenz der diözesanen Präventionsbeauftragten" ein "Positionspapier zur Gestaltung der Schnittstelle von Prävention sexualisierter Gewalt und sexueller Bildung" veröffentlicht, das dem Dokument zufolge "in einem intensiven Diskussionsprozess entwickelt und auf der Bundeskonferenz am 20.01.2021 einstimmig verabschiedet" wurde. Am 12. Mai hat der "Elternverein NRW" dieses Papier in einem offenen Brief kritisiert (HIER; dort gibt es auch das Positionspapier: hier):

»Zu unserem Entsetzen bezieht sich dieses Präventionspapier auf Sielert und dessen Kollegen, wie Karlheinz Valtl und Gunther Schmidt. Ausdrücklich wird darin der Begriff „sexuelle Bildung“ empfohlen, ein Wortgebrauch, den Sielert 2008 einführte. [...] Diese Form der „sexuellen Bildung“ stellt einen eindeutig pädophilen Ansatz dar, geht sie doch von der These einer Kontinuität sexueller Bedürfnisse bei Kindern und Erwachsenen aus. Wer Kinder auf diese Weise frühzeitig sexualisiert, beschützt sie nicht etwa vor Missbrauch, sondern öffnet ihrem Missbrauch Tür und Tor. [...] Als Vertreter der Elternschaft stehen wir ohne jedes Verständnis und zutiefst besorgt vor der Tatsache, dass die katholische Kirche ihre Präventionsarbeit auf dieser im Ansatz pädophilen „sexuellen Bildung“ aufbauen will. Nicht nur werden dort mögliche Täter geradezu dazu eingeladen, Kinder frühzeitig sexuell zu stimulieren. Hinter diesem Sielert'schen Begriff verbirgt sich darüber hinaus eine bewusste Umerziehung der Kinder und Jugendlichen [...]. Die Kernfamilie aus Vater, Mutter und Kindern, ein Familienbild, das in unserem Land von der Mehrheit der Familien gewünscht und gelebt wird, wird hier als Klischee und einschränkendes Lebenskonzept abgewertet. Im Blick auf die Prinzipien Sielerts verwundert es dann leider auch nicht, dass in diesem „katholischen“ Papier zur Prävention und sexueller Bildung die Worte Ehe, Familie, Liebe und Sexualität als Sprache der Liebe und Kraft der Bindung, sowie Quelle des Lebens nicht vorkommen.«

Um es kurz zu machen: Die Präventionsbeauftragten der katholischen Bistümer Deutschlands vertreten offenbar (einstimmig!) die "Position", man könne nur dadurch Prävention sicherstellen, indem man die kirchliche Sexualmoral durch eine pädophil unterlegte weltliche Sexualmoral ersetzt. Für sie ist die Sexualmoral eine Quelle von Gewalt. Klar, denn seit Jahrzehnten halten sich ja alle brav an die katholische Sexualmoral, deswegen der Missbrauch! Und diese ganzen Missbrauchstäter in der evangelischen Kirche, im Sportverein und anderswo, die sind nämlich alle fanatische Anhänger der katholischen Sexualmoral, müsst ihr wissen!

Satire ist tot, die Realität hat sie erschlagen.

Interessant finde ich es, dass das in Frage stehende Dokument, das "ausdrücklich zur Diskussion und fachlichen Rückmeldung" einläd, inzwischen auf der offiziellen Seite der DBK zum Thema Missbrauch (hier) nicht mehr verfügbar ist (laut Google war es das bis vor Kurzem, der Link von Google führt aber ins Nirgendwo). Auf einzelnen Bistumsseiten findet man es noch. Erklärungen (z.B. Pressemeldung) dafür oder Hinweise darauf: keine. Die DBK so: "War was? Ne, da war nix, optische Täuschung! Pssst!"

Upsie!


Katholische Kirche in Deutschland at it's best!

Donnerstag, 18. März 2021

Ein Kommentar zum Responsum der Glaubenskongregation

Ein unsystematischer und unvollständiger Kommentar zum


Responsum ad dubium der Kongregation für die Glaubenslehre über die Segnung von Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts [HIER herunterzuladen]

  • Sofort wird klar – was aber nur bemerkt, wer ehrlich und unverbrettert ließt –, dass es in diesem Responsum nicht um die Segnung von (Einzel)Personen geht, sondern um die Segnung einer Verbindung von Personen, also um eine Lebensform, allgemeiner gesagt: um eine Handlung oder ein Tun von Personen. In den Kommentaren und Entgegenungen auf das Responsum, selbst in Wortmeldungen mancher Bischöfe, wurde der Eindruck erweckt oder sogar ausdrücklich so gesagt, dass diese römische Äußerung gegen die Segnung homosexuell empfindender Menschen gerichtet ist. Wie es der Text mehrfach(!) unmissverständlich deutlich macht, ist genau das nicht gemeint. Sogar weltliche Medien schaffen es, die im Dokument ausgedrückte Unterscheidung zwischen Sünde und Sünder deutlich hervorzuheben, beispielsweise tagesschau.de (hier), schade, dass manche kirchlichen Persönlichkeiten dazu nicht in der Lage sind.

  • Ein Beispiel ist hier Bischof Overbeck in Essen, der verlauten ließ „Wir werden mit unseren seelsorglichen Angeboten auch weiterhin alle Menschen begleiten, wenn sie darum bitten – ganz gleich in welcher Lebenssituation.“ (hier) Mit dieser Äußerung erweckt er den Eindruck, Rom habe die Seelsorge für homosexuell empfindende Menschen untersagt, wogegen er sich nun mutig zur Wehr setzt. Dabei tut Rom eigentlich das genaue Gegenteil (s.u.). Eine ehrliche (und von Einsicht zeugende) Antwort wäre es gewesen, wenn der Bischof gesagt hätte, man werde das römische Responsum als Anspron nehmen, die entsprechende Seelsorge weiter zu fördern, denn genau dazu regt es ja auch an.

  • Es ist im christlichen Denken schon immer eine Grundkonstante, zwischen dem Sünder und der Sünde zu unterscheiden. Der Sünder hat ein Anrecht auf unsere Liebe und unseren Segen, weil er diese Liebe und diesen Segen auch fraglos von Gott erhält. Seine sündhaften Handlungen haben diesen Anspruch jedoch nicht, weil er ihnen auch von Gott her nicht zukommt: Gott segnet nicht die Sünde (vgl. Gal 2,17). Paulus sagt „Segnet, die euch verfolgen“ (Röm 12,14), er sagt nicht „Segnet die Verfolgung“. Jesus sagt „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen“ (Mt 5,44), er sagt nicht „Betet dafür, dass die Verfolgung gelingt“. In gleicher Weise sollen wir z.B. für einen Ehebrecher beten und ihn segnen, aber unter keinen Umständen dürfen wir den Ehebruch segnen, egal wie sehr der Ehebrecher und seine Geliebte meinen, sich zu „lieben“.



AUF DAS VORGELEGTE DUBIUM:
Hat die Kirche die Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen?

  • Es sei das Augenmerk auf die Wortwahl gerichtet: Gefragt wird nämlich nicht, ob die Kirche willens ist, oder ob sie in der Lage dazu ist, etwas zu tun. Sondern es wird gefragt, ob sie die Vollmacht hat, etwas zu tun. Es geht also nicht darum, ob die Kirche das in Frage Stehende tun kann, sondern ob sie es darf. Das „Können“ ist derweil vom „Dürfen“ abhängig, denn was nicht erlaubt ist, entfaltet in diesem Sinne auch keine Wirkung, ist nicht gültig, ist null und nichtig: Wenn ich beispielsweise als nicht bevollmächtigte Person ein Dokument unterschreibe, dann „kann“ ich diesen mechanischen Vorgang des Unterschreibens zwar offensichtlich tätigen, aber weil ich diese Unterschrift auf diesem Papier nicht leisten darf, weil ich nicht die Vollmacht dazu habe, ist meine Unterschrift Bedeutung- und Wirkungslos und bewirkt höchstens Verwirrung, Unannehmlichkeiten und zusätzlichen Verwaltungsaufwand zur Bereinigung des Fehlers.

  • Wann immer eine Frage auftaucht, in der es darum geht, ob die Kirche etwas tun darf, geht es folglich nicht um etwas, das in der Verfügungsgewalt der Kirche steht. Denn dürfen und nicht-dürfen geschieht nicht aus einem selbst heraus, sondern es ist auferlegt von dem, der die Regeln aufgestellt hat. Vollmacht wird einem durch Bevollmächtigung zuteil. (Die Alternative ist Selbstermächtigung, etwas, das gewöhnlich nicht gewaltfrei abläuft.) Also: Die Frage behandelt nicht etwas, das in der Kompetenz oder Beliebigkeit der Kirche liegt, sondern etwas, das ihr vorgegeben ist. Ginge es nur um ein Können“, ließe sich fragen, ob die Kirche nicht einfach den nötigen Mut aufbringen könnte, um es zu tun... Wenn ihr aber die Vollmacht fehlt, dann kann sie das nicht eigenmächtig ändern.

  • Nicht „Rom“ übt hier „Macht“ aus, wie es gerne dargestellt wird, sondern „Rom“ stellt gerade fest, dass es diesbezüglich keine Macht hat! Dass es auch in Sachen Religion gewalttätige Selbstermächtigung gibt, wissen wir aus Jesu eigenem Mund, wenn er über das Schicksal des Täufers Johannes (und sein eigenes) spricht: „bis heute wird dem Himmelreich Gewalt angetan und Gewalttätige reißen es an sich.“ (Mt 11,12) Gemeint ist ein gewalttätiges Auflehnen gegen die Umkehrpredigt des Täufers, das dann auch folgerichtig auf die Umkehrpredigt Jesu weiterwirkte und noch bis heute wirkt. Das Aufbäumen von Theologenschaft und Bischofsclique gegen diese „römische Note“ ist m.E. nichts anderes als die (verbal) gewalttätige Auflehnung gegen das Himmelreich (= die Herrschaft Gottes), von der Jesus sprach.

  • Übrigens: Die gleiche Formulierung bzgl. der Vollmacht findet sich z.B. auch in Ordinatio sacerdotalis, womit die Unmöglichkeit der Spendung des Weihesakraments an Frauen festgestellt wurde. Auch Johannes Paul II. verkündete damals nicht, dass die Kirche dies nicht tun könne oder wolle, sondern, Zitat: „dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden“ (Nr. 4).



WIRD GEANTWORTET:
Nein.

  • Manche Reaktionen stören sich an dem, was sie als „schroffes Nein“ oder dergleichen bezeichnen. Sogar manche Theologen stoßen in dieses Horn. Dazu muss man wissen, worauf auch der Kommentar zum Responsum hinweißt, dass ein Responsum grundsätzlich mit „Ja“ oder „Nein“ antwortet, die zugrundeliegende frage (dubium) ist entsprechend stets so gestellt, dass eine Ja/Nein Antwort möglich ist. Das ist in diesem „Literatur-Genre“ so und hat nichts mit Schroffheit zutun. Hätte die Frage anders gelautet, z.B. „Muss ein Priester die Segnung eines homosexuellen Paares unterlassen?“, wäre ein ebenso „schroffes“ Ja als Antwort gekommen. Eine Frage die nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden kann, wäre nicht in der Form eines Responsum beantwortet worden, sondern dann womöglich als Instruktion oder Brief oder dergleichen… Mehr steckt nicht hinter dem angeblich „schroffen“ „Nein“.



Erläuternde Note

  • Wir können uns freuen, dass es erläuternde Noten gibt. Das war nicht immer so und das ist für die Autorität der gegebenen Antwort auch nicht erforderlich. Das Responsum wäre genauso gültig und verbindlich ohne eine erläuternde Note. Sie ist eine Hilfe zum Verständnis und zur Vermittlung. Wie sich zeigen wird, zeigt diese Note ein hohes Maß an pastoralem Einfühlungsvermögen und Realitätssinn bei den Verfassern. Ironischerweise spricht man ihnen genau das derzeit ab, während die so Absprechenden (bewusst oder aus Ignoranz) genau die Missverständnisse wiederholen, die mit dieser Note geklärt und beantwortet werden.



In einigen kirchlichen Bereichen verbreiten sich Projekte und Vorschläge von Segnungen für Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts.

  • Inzwischen hat es sich medial herumgesprochen, dass dieses Responsum vermutlich auf eine Anfrage aus dem deutschen Sprachraum antwortet, und dass es daher auch besonders auf diese Länder gemünzt ist. Bekanntlich werden in den meisten Bistümern inzwischen solche Segnungen vorgenommen und von offizieller Stelle zumeist stillschweigend geduldet. Manche Bischöfe haben auch schon ganz offen solche Feiern angeregt.



Nicht selten sind solche Projekte durch den aufrichtigen Willen motiviert, homosexuelle Personen anzunehmen, sie zu begleiten und ihnen Wege des Glaubenswachstums anzubieten, „damit diejenigen, welche die homosexuelle Tendenz zeigen, die notwendigen Hilfen bekommen können, um den Willen Gottes in ihrem Leben zu begreifen und ganz zu erfüllen“.

  • Faktisch herrscht wohl meistens eine Einstellung vor, die den Willen Gottes für das Leben des Menschen mit seinem faktischen Leben gleichsetzt. Wie immer jemand lebt, was immer er tut und will, das wird als der Wille Gottes für sein Leben propagiert. Der Maßstab ist meist also nicht der Wille Gottes, sondern der Wille des Menschen: Wie er leben will, das ist maßgeblich. Der Anspruch einer Lebensänderung die nicht dem eigenen Willen entspricht, kommt in den meisten pastoralen Papieren und Praktiken nicht vor.

  • Die Bibel weiß es besser: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege“ (Jes 55,8). Wir wissen, dass sogar ein christliches Bekenntnis nicht ausreicht, um gerettet zu werden, solange nicht auch unser Handeln dem Bekenntnis entspricht; und das heißt, solange unser Handeln nicht konsequent an den Plänen bzw. am Willen Gottes ausgerichtet ist: „Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.“ (Mt 7,21; vgl. 12,50) Das Entscheidende ist der Weg Gottes, der nichts anderes meint als die Befolgung seines Willens: „Du sollst die Gebote des Herrn, deines Gottes, bewahren, auf seinen Wegen gehen und ihn fürchten.“ (5Mos 8,6)



Auf diesen Wegen können das Hören des Wortes Gottes, das Gebet, die Teilnahme an liturgischen Handlungen der Kirche und praktizierte Nächstenliebe eine wichtige Rolle bei der Förderung von Bemühungen spielen, die eigene Lebensgeschichte zu deuten sowie frei und verantwortungsbewusst die eigene Taufberufung anzunehmen,...

  • Das ist ein ungemein wichtiger Punkt: Es wird klar, dass die Teilnahme und Teilhabe am Leben der Kirche sehr viel mehr beinhaltet, als die oft geforderte „Anerkennung“ durch eine öffentliche Zeremonie. Die Realität ist häufig gerade die, dass solche Zeremonien, deren Inhalt meist nicht verstanden, und die daher mit eigenen „Inhalten“ gefüllt werden, einen Gutteil unserer pastoralen Anstrengungen einnehmen: Die so genannten Kasualien (Taufe des Kindes, Erstkommunion, Firmung, Trauung, Beerdigung) werden noch relativ viel nachgefragt, aber sie entfalten faktisch keine Tiefenwirkung mehr. Sie werden innerhalb eines in hohem Maße standardisierten und ebenso flachen Kirchen- und Gottesbildes (ein säkularisiertes Christen- und Gutmenschentum, wenn man so will) als Gestaltungselemente für Familienfeiern udgl. angefragt, aber nicht als Vollzüge des christlichen Glaubens. Dementsprechend sind, wenn es um „Teilhabe an Kirche“ geht, meist auch nur solche formalisierten und öffentlichen Aktionen im Blick. Das Glaubensleben, also die bewusste Annahme der Taufberufung, umfasst mehr; einiges wurde hier genannt.



... weil „Gott jeden Menschen liebt. Und Gleiches tut auch die Kirche“, indem sie jede ungerechte Diskriminierung ablehnt.

  • Wird später noch relevant: Die Kirche lehnt ungerechte Diskriminierung ab. Das gleiche tut auch der Staat. Wie wir aus der Geschichte wissen, ist das leider sowohl bei der Kirche als auch beim Staat durchaus nicht selbstverständlich.

  • Nun behaupten manche anlässlich des Responsums, etwa der „Schweizerische Katholische Frauenbund“ (hier), es gäbe nicht soetwas wie eine gerechte Diskriminierung, Diskriminierung sei immer ungerecht. Das ist natürlich Quatsch, denn sowohl im Staat, als auch im gesellschaftlichen Alltag und so auch in der Kirche gibt es massenweise gerechte Diskriminierungen, d.h. eine Ungleichbehandlung von Personen anhand bestimmter Parameter. Beispiele gefälligst? Hier: Wenn jemand im Gefängnis sitzt und nicht nach belieben die Welt bereisen darf, dann handelt es sich dabei um eine gerechte Diskriminierung. Der Staat hat das Recht, Menschen auf diese Weise (gerechter Weise) zu diskriminieren, z.B. in der Form der Strafe für begangene Verbrechen. Aber auch jedes Schild an einer Tür „Zutritt verboten“, „Privat“, „Nur für autorisiertes Personal“ ist eine gerechte Diskriminierung, denn allen nicht Berechtigten wird der Zutritt verwehrt. Oder wenn ein Ladenbesitzer sich entscheidet, aus einem gerechten Grund einen potentiellen Kunden nicht zu bedienen, dann ist das eine gerechte Diskrimierung. Oder wenn der Busfahrer mich nicht mitnehmen will, weil ich keine Fahrkarte habe (und auch keine kaufen will), dann ist das eine gerechte Diskriminierung. Ein wichtiges Stichwort hier ist das „Hausrecht“. Das gibt es aber auch anderswo, z.B. wenn Grundstücke verlost werden: Wer kein Los kauft, wird diskriminiert, indem er nicht an der Verlosung teilnehmen darf. Wer eine Niete gezogen hat wird diskriminiert, indem er kein Grundstück bekommt. Überall gibt es gerechte Diskriminierung. Flapsig gesprochen: Wie der ÖPNV, so hat auch die Kirche Regeln, und wer sich nicht an sie hält, hat keinen Anspruch darauf, „bedient“ zu werden, er wird dann folglich gerechterweise diskriminiert.



Unter den liturgischen Handlungen der Kirche sind Sakramentalien von besonderer Bedeutung: als „heilige Zeichen, durch die in einer gewissen Nachahmung der Sakramente Wirkungen, besonders geistlicher Art, bezeichnet und kraft der Fürbitte der Kirche erlangt werden. Durch diese Zeichen werden die Menschen bereitet, die eigentliche Wirkung der Sakramente aufzunehmen; zugleich wird durch solche Zeichen das Leben in seinen verschiedenen Gegebenheiten geheiligt“.

  • Diese allgemeine Darlegung konkretisierend: Der Segen über eine innige Verbindung zwischen zwei Menschen ist Hingeordnet auf die in Gottes Plan vorgesehene Verbindung par excellence, in der sich als ein tiefes/großes Geheimnis das Verhältnis zwischen Christus und seiner Kirche (Eph 5,32) bzw. zwischen Gott und Mensch sinnbildlich verdichtet: Die Ehe.

  • In der Geschichte der Kirche gab es auch die Tradition der Freundschaftssegnung, bei der eine besondere freundschaftliche Liebe zwischen zwei Menschen (meist zwischen zwei Männern) in einer eigenen Liturgie unter den Segen Gottes gestellt wurde. Diese so genannte „Adelphopoiese“ (gr. „Brudermachung“), im Deutschen spricht man von „Schwurbruderschaft“, gab es in der Westkirche bis ins 14., in der Ostkirche noch bis ins 20. Jahrhundert. Vor ein Paar Jahren hat man versucht, hier soetwas wie eine Trauung Homosexueller oder doch zumindest die „Gutheißung“ (Segnung) gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zu erblicken… das stellte sich erwartungsgemäß als dummer Irrtum heraus und ist seit ein paar Jahren wieder in der Versenkung verschwunden. Es würde mich aber nicht wundern, wenn das demnächst von irgendwelchen „Theologen“ erneut herangezogen wird, was dann wiederum mühselig entkräftet werden muss… Stellte sich nämlich heraus: Menschen waren einstmals in der Lage, eine innige Beziehung zu pflegen, ja sogar Liebe für einen anderen Menschen zu empfinden, ohne jeglichen Wunsch, auch mit diesem zu kopulieren… Etwas, das in unserer hypersexualisierten Welt unvorstellbar geworden ist, daher auch das Unverständnis für diese historischen Zeremonien.

  • Im Grunde wäre es wünschenswert, wir würden „Liebe“ nicht immer eingleisig als sexuelle Liebe auffassen. Es gibt z.B. auch die Liebe in der Familie, für die es eigene Segensformen gibt (Familiensegen). Ob es für freundschaftliche „Liebesbeziehungen“ wieder besondere liturgische Formen braucht, weiß ich nicht, aber sie würden in der gegenwärtigeen Situation jedenfalls ein gerütteltes Maß an Unterscheidung und Festigkeit im Glauben erfordern, um sie korrekt zu beurteilen und einzusetzen…



Der Katechismus der katholischen Kirche erläutert weiter: „Die Sakramentalien verleihen die Gnade des Heiligen Geistes nicht nach Art der Sakramente, sondern bereiten durch das Gebet der Kirche vor, die Gnade zu empfangen und mit ihr mitzuwirken“ (Nr. 1670).

  • In gewisser weise sind alle Sakramentalien mit Gebet verbundene Segnungen, denn sie alle dienen dazu, Gegenstände oder Personen in den Dienst (des Willens) Gottes zu stellen bzw. Gottes Zuwendung durch die Kirche auszudrücken.



Zur den Sakramentalien gehören Segnungen, mit denen die Kirche „die Menschen aufruft, Gott zu preisen, sie auffordert, seinen Schutz zu erbitten und sie ermahnt, sich seiner Barmherzigkeit mit der Heiligkeit des Lebens würdig zu erweisen“. Darüber hinaus sind „sie in einer gewissen Nachahmung der Sakramente eingesetzt und beziehen sich immer und hauptsächlich auf geistliche Wirkungen, die sie kraft der Fürbitte der Kirche erlangen“.

  • Wir erfahren: Ein Segen befähigt zur „Mitwirkung“, er entält eine Ermanung und er hat (hoffentlich) auch eine Wirkung. Ein Segen ist also kein Konsumgut – das man passiv empfängt, um dann weiter das zu tun, was man halt tun will –, sondern er wirkt und bewirkt etwas.

  • Festzuhalten ist, dass ein Segen an sich nicht an in der Vergagenheit liegende Vorausetzungen beim Empfänger gebunden ist, denn was auch immer in der Vergangenheit gewesen ist, wo auch immer der bisherige Weg langführte: Der Segen dient dazu, mehr auf den Wegen Gottes zu gehen. Ein Segen ist aus genau diesem Grund aber durchaus anspruchsvoll in Richtung Zukunft, und er bringt eine Verpflichtung mit sich bezüglich der Absicht (für diese Zukunft), mit der er empfangen wird.

  • Wenn „Segnen“ bedeutet, jemandem das „gute Wort Gottes“ zukommen zu lassen, dann kann dies immer nur in dem Sinn geschehen, dass das Segnen dazu dient, den Willen Gottes zu erfüllen: Das „Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, ohne zu bewirken, was ich will, und das zu erreichen, wozu ich es ausgesandt habe.“ (Jes 55,11)

  • Ganz gleich, ob wir Gegenstände, Tiere oder Menschen Segnen: Immer ist der Sinn des Ganzen dies, dass der Wille Gottes durch sie mehr erfüllt wird, dass das Leben von Gottes Geschöpfen gelingt und (mehr) Frucht bringt. Eine sündhafte Handlung kann folglich nicht gesegnet werden „auf dass sie gelinge“, der Versuch wäre nichts weniger als Blasphemie. Umso mehr sollen wir die so handelnden Menschen – Sünder, wie wir alle! – segnen, auf dass sie von ihrem sündigen Tun ablassen und sich auf den Weg Gottes begeben.

  • Hier wird auch einleuchtend, warum die Kirche Gegenstände segnet, nicht aber bestimmte Handlungen von Menschen: Gegenstände sind nicht sündhaft und sie können gar nicht sündigen, nur Menschen können das. Man kann Gegenstände zu sündhaften Zwecken gebrauchen, aber dann sündigt der Gebrauchende, nicht der Gegenstand. Der Spruch „Ihr segnet Kläranlagen, aber nicht Schwule“ ist also in mehrfacher Hinsicht fragwürdig: 1. Segnen wir Schwule durchaus, nur nicht ihre „schwulen“ Handlungen; wie wir jeden Sünder segnen, nicht aber die Sünden, die er begeht. 2. Ist es ziemlich menschenverachtend, homosexuell empfindende Menschen mit unbelebten Gegenständen, erst recht mit Kläranlagen, zu vergleichen. Menschen können sich für oder gegen Gott, für das Gute oder für die Sünde entscheiden; Kläranlagen können dies nicht. Offensichtlich respektiert und schützt die Kirche die Würde dieser Menschen mehr als diejenigen, die solche dümmlichen Vergleiche anstellen.



Um der Natur der Sakramentalien zu entsprechen, ist es deshalb erforderlich, dass, wenn über einige menschliche Beziehungen ein Segen herabgerufen wird, abgesehen von der rechten Absicht derjenigen, die daran teilnehmen, die zu segnende Wirklichkeit objektiv und positiv darauf hingeordnet ist, die Gnade zu empfangen und auszudrücken, und zwar im Dienst der Pläne Gottes, die in die Schöpfung eingeschrieben und von Christus dem Herrn vollständig offenbart sind. Mit dem Wesen der von der Kirche erteilten Segnung ist daher nur vereinbar, was an sich darauf hingeordnet ist, diesen Plänen zu dienen.

  • Aufhorchen ließ mich hier das Wort „vollständig“. Die Pläne Gottes für seine Schöpfung sind durch Christus vollständig offenbar geworden. Dies bedeutet, dass es keine „neuen Erkenntnisse“ geben kann (weder aus Privatoffenbarungen, noch aus den oft herbeifabulierten „Humanwissenschaften“), die an diesem einmal geoffenbarten Willen Gottes etwas ändern können. Sein Wille ist es, dass wir durch Christus gerettet sind, dass wir uns von der Sünde entfernen und ihm zuwenden sollen. Punkt. Die Zehn Gebote sind keine Verhandlungssache. Ebenso wenig die Bergperedigt oder sonstwelche Weisungen, die die Kirche uns authentisch, im Gehorsam gegen den Willen Gottes vorlegt.

  • "Vollständig offenbart" heißt indes nicht, das dieser Plan auch schon vollständig von der Kirche erkannt und verstanden wird. Der Geist, der uns in die ganze Wahrheit einführt (vgl. Joh 16,13) ist ja nach wie vor am Wirken. Gleichwohl kann ein Fortschritt in diesem Verständnis nie dem bisherigen Weg widersprechen; es kann keine echte Einsicht aus dem Geist Gottes geben, die einer früheren Einsicht aus demselben Geist widerspricht. Was einmal als wahr erkannt wurde, bleibt wahr. Dies zu leugnen wäre Relativismus, der die Möglichkeit von Wahrheit ablehnt.

  • Außerdem: Der Segen gilt allem, „was an sich darauf hingeordnet ist“ Gottes Plänen zu dienen. Es geht also nicht um Dinge, von denen wir behaupten, sie würden diesen Plänen dienen, und es geht auch nicht um solche Dinge, deren Hinordnung auf diese Pläne durch menschliches Verhalten pervertiert wurde. Nicht menschlicher Wunsch und seine Einbildungskraft sind also maßgeblich, sondern die Dinge an sich.



Aus diesem Grund ist es nicht erlaubt, Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (das heißt außerhalb einer unauflöslichen Verbindung eines Mannes und einer Frau, die an sich für die Lebensweitergabe offen ist) einschließen, wie dies bei Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts der Fall ist.

  • Achtung, wichtig: Was die Kirche über die Unmöglichkeit der Segnungen von Verbindungen zwischen Menschen lehrt, betrifft nur solche Verbindungen „die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe einschließen“ und es betrifft alle Verbidnungen „die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe einschließen“. Also auch alle heterosexuellen Beziehungen und Partnerschaften, auf die dies zutrifft. Die zuvor erwähnte Adelphopoiese, genau wie Segnungen für Familien oder solche zur Verlobung, sind darum unproblematisch. [Nun wird mancher sagen: „Ja, aber die Verlobten sind noch nicht verheiratet und die ‚machen es‘ doch bestimmt schon!“ Das mag sein. Solange sie es nicht an die große Glocke hängen, geht die Kirche jedoch wohlwollend, gütig und barmherzig davon aus, dass sie „es“ nicht „machen“, sondern sich an die Lehre der Kirche halten – oder sich zumindest aufrichtig darum bemühen (im Falle des Scheiterns gibt es die Beichte). Das ist auch nicht soo wirklichkeitsfremd, wie es oft dargestellt wird, ich selbst kenne einige v.a. junge Menschen, die sich daran (ge)halten (haben), einschließlich meine Frau und mich.]

  • Nun hat man der Kirche (wiedermal) eine „Fixierung auf Sexualität“ vorgeworfen. Das ist natürlich Unsinn, denn wo ist hier die Fixierung? Wann hat sich die Kirche denn das letzte Mal über das Thema Sex geäußert? Ist länger her… also gibt es hier keine Fixierung. Da die Kirche aber zu allem, was zum Menschsein gehört, etwas zu sagen hat, kommt ab und an natürlich auch mal Sex zur Sprache, der gehört nämlich zum Menschsein dazu und ist sogar von quasi-sakramentaler Natur (eine sakramental geschlossene Ehe ist erst dann gänzlich unauflöslich, wenn sie „vollzogen“ wurde). Manfred Lütz sagte einmal pointiert „Sex ist ein Sakrament!“… so hoch, so wichtig, ja so heilig(!) schätzt die Kirche Sex(ualität) ein.

  • Nicht unwichtig ist, dass hier davon die Rede ist, dass eine Ehe per Definition „an sich für die Lebensweitergabe offen“ ist. Denn nichts lieben Pharisäer mehr, als Haare zu spalten und darauf hinzuweisen, dass auch in Ehen zwischen Mann und Frau nicht immer Nachwuchs vorhanden ist, ob das denn gleichfalls „ungültige“ Verbindungen seien… Das ist natürlich nur ein Ablenkungsmanöver. Das Entscheidende ist nicht, ob tatsächlich Kinder da sind, wie das „alttestamentlich“ zuweilen der Fall war (Unfruchtbarkeit als Zeichen für das Verfluchtsein von Gott), sondern ob die Verbindung „an sich offen“ für Kinder ist – die ja immer Geschenk Gottes, nie Verdienst, und nicht mit Gewalt (künstliche Befruchtung, Leihmutterschaft) zu erringen sind.

  • Diese Offenheit, die stets den Menschen als ganzen Betrifft (ein bloßes Gefühl genügt z.B. nicht) kann übrigens auch in heterosexuellen Verbindungen fehlen, weswegen etwa das bewusste Aussschließen von Nachwuchs ein Grund für die Nichtigkeit einer Ehe ist. Bei homosexuellen Paaren ist es so, dass sie, egal wie offen für Nachwuchs sie seelisch (gefühlsmäßig) oder geistig (willensmäßig) auch sein mögen, sie es als „ganze Menschen“ (aus Seele, Geist und Körper) faktisch nicht sind und nicht sein können, denn zwei Männer oder zwei Frauen können keinen Nachwuchs hervorbringen, ganz egal wie sehr sie es wollen, fühlen oder wie gesund und fit sie sind. (Ein bewusstloser Mensch – sozusagen ohne „Geist“ – kann darum auch keine Ehe eingehen.)

  • „Aber was, wenn z.B. die Frau aufgrund einer Erkrankung keine Kinder bekommen kann, dann ‚kann‘ sie doch auch nicht ‚körperlich offen‘ sein?“ Eine Krankheit ändert nichts an der genannten „Offenheit“, schließlich betrachten wir auch Krankheit nicht (mehr) als Hinweis auf eine Verfluchung durch Gott. Eine Erkrankung mit der sexuellen Orientierung eines Menschen zu vergleichen ist indes Unfug, Homosexualität ist keine Krankheit.



Das Vorhandensein positiver Elemente – die in sich betrachtet dennoch zu schätzen und hervorzuheben sind – in solchen Beziehungen ist trotzdem nicht in der Lage, diese zu rechtfertigen und sie daher rechtmäßig zum Gegenstand einer kirchlichen Segnung zu machen, weil diese Elemente im Dienst einer Verbindung stehen, die nicht auf den Plan des Schöpfers hingeordnet ist.

  • Wichtige Unterscheidung: positive Elemente machen den Kontext, in dem sie eingebettet sind, nicht durch ihr bloßes Vorhandensein zu etwas Gutem. Wenn ein Ehebrecher mit seiner Geliebten „Werte“ wie Freundschaft, Hilfsbereitschaft und „Treue“ (haha!) pflegt, bleibt seine Beziehung zu ihr dennoch ein Ehebruch und also eine Sünde. Was immer es an „Positivem“ in dieser Beziehung gibt, ist nicht wegen der (sündhaften) Beziehung da, sondern höchstens trotz dieser. Daher machen sie diesen Ehebruch nicht „gut“, sie „rechtfertigen“ den Ehebruch nicht, er bleibt Sünde und kann niemals von der Kirche (ab)gesegnet werden. Genau betrachtet fördern diese positiven Elemente hier sogar die Sünde, weil sie der sündhaften Beziehung mehr „Haltbarkeit“ verleihen… Es wird also klar: Auch an und für sich Positives wie z.B. „Hilfsbereitschaft“ kann pervertieren und gewissermaßen „im Dienst“ der Sünde stehen. Man kann das auch mit beliebigen anderen Szenarien durchspielen: Ein Missbrauchstäter, der die an sich positiven Elemente „Fürsorge“ oder „Väterlichkeit“ pervertiert; oder das positive Element „kindliches Vertrauen“, das sein Opfer daran hindert, aus dieser schrecklichen Beziehung auszubrechen. Der Punkt ist: Nur weil ein Gefühl, eine Überzeugung, ein Wille oder eine charakterliche Eigenschaft an und für sich positiv ist, bedeutet dies nicht, dass sie auch in jedem Kontext Positives hervorbringt. Das bloße Vorhandensein „positiver Elemente“ hat darum keinerlei Gewicht für die Beurteilung des Kontextes in dem sie vorkommen, wenn dieser Kontext an sich schon sündhaft ist. [Die einzige zu stellende Frage ist also letztlich: Ist praktizierte Homosexualität, wie überhaupt praktizierte Sexualität außerhalb der Ehe, Sünde, oder ist sie es nicht? Bibel und Kirche sagen: ja, sie ist es.]

  • Heilsgeschichtlich gewendet sind „positive Elemente“ wie Freundschaft, Vertrauen, Treue, Dankbarkeit etc. in einer Ehe nicht nur für das Gute, das die Ehe ist, förderlich, sondern sie haben selbst ihren Ursprung aus der Gnade, die dem ehelichen Bund zuteil wird.



Da die Segnungen für Personen in Beziehung zu den Sakramenten stehen, kann darüber hinaus die Segnung gleichgeschlechtlicher Verbindungen nicht als zulässig angesehen werden, weil sie in gewisser Weise eine Nachahmung oder einen analogen Hinweis auf den Brautsegen darstellen würde, der auf den Mann und die Frau herabgerufen wird, die sich im Sakrament der Ehe vereinigen, da „es keinerlei Fundament dafür [gibt], zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn“.

  • Manche Kommentatoren meinen, die Kongregation würde hier eine Verwechslung zwischen einer sakramentalen Ehe und einer bloßen Segnung für eine Partnerschaft befürchten, was ein falsches Sakramentsverständnis auf Seiten der Kongregation sei. Antwort: 1. Ja und 2. Nein.

  • Zu 2.: Die Gefahr einer Verwechslung sieht die Kongregation zunächst im Blick auf den zur kirchlichen Trauung gehörigen Brautsegen, nicht im Blick auf das Sakrament. Aber das eine führt zum anderen:

  • Zu 1.: Die Gefahr einer solchen Verwechslung ist zweifelsohne real, denn bei Licht betrachtet wissen die meisten, die sich in unseren Kirchen „trauen“, nicht, was sie dort tun. Papst Franziskus hatte 2016 (in der konkreten Wortwahl wohl eher unüberlegt, der Sache nach aber nicht falsch) drastisch dargelegt: „sie wissen nicht, was sie sagen“, wenn sie sich das Ja-Wort geben. Er schließt daraus: „die große Mehrheit unserer sakramentalen Ehen“ sei daher „ungültig“. Der Papst stellte fest, dass „die Leute nicht wissen, was das Sakrament bedeutet“ (hier). Dass die Erfragung des Konsenses ein sakramentaler Vollzug ist, ist den meisten überhaupt nicht bewusst. Oder überhaupt, was ein Sakrament ist. Mag sein, dass diese Erfragung für nicht wenige Paare nur so eine Art Willenserklärung ist, wie etwa bei der Taufe eines Kindes, wenn der Zelebrant fragt „Was erbitten Sie von der Kirche“ und man mit „die Taufe“ antwortet. Meist besteht das Entscheidende für die Paare darin „den Segen Gottes“ zu erhalten. Das ist für sich genommen auch schön und begrüßenswert, aber zuwenig. Und genau darum besteht die sehr reale Gefahr der Verwechslung mit anderen „Segnungen“. Da ist die Glaubenskongregation sehr hellsichtig und realistisch.

  • Zu glauben, die Menschen, die Adressaten solcher Feiern wären, würden hier die Unterscheidung klar haben, ist ausgesprochen unrealistisch. Von sonstigen Mitfeiernden und Außenstehenden ganz zu schweigen. Faktisch ist der Zustand der religiösen Bildung auf einem absoluten Tiefpunkt. Mir sind z.B. beruflich bedingt Ergebnisse von (nicht veröffentlichten) Umfragen aus österreichischen Diözesen bekannt, aus denen hervorgeht, dass viele der regelmäßigen Gottesdienstbesucher(!) nicht unterscheiden (können) zwischen einer Wort-Gottes-Feier mit Kommunionempfang und einer Eucharistiefeier. [Ich weiß zudem aus direkter Beobachtung, dass auch reichlich Theologen den wesentlichen Unterschied nicht benennen können.] Eine Segensfeier für ein Homosexuelles Paar wäre für die meisten Menschen genausowenig von einer Trauung unterscheidbar, zumal die umgebenden Feierlichkeiten außerhalb des Kirchenraums (und wohl schon die Deko und Gestaltung in demselben) gewiss auch keinen Unterschied deutlich machen würden. Selbst wenn den „Gesegneten“ der Unterschied bewusst und verständlich wäre: Es rechnet wohl niemand ernsthaft damit, dass sie diesen Unterschied dann auch in der Gestaltung der Feierlichkeiten kenntlich machen würden.



Die Erklärung der Unzulässigkeit von Segnungen der Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts ist daher weder eine ungerechte Diskriminierung noch enthält sie die Absicht, eine solche zu sein, sondern ruft die Wahrheit des liturgischen Ritus in Erinnerung und das, was dem Wesen der Sakramentalien zutiefst entspricht, so wie die Kirche sie versteht.

  • Jeder Mensch kann sich zu jeder Zeit den Segen Gottes „holen“, sei es im liturgischen Rahmen etwa am Schluss einer jeden hl. Messe oder im persönlichen oder gemeinschaftlichen Gebet („Der Herr segne uns, er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben“); oder einfach indem er Gott darum bittet oder jemand anderen bittet, ihn zu segnen. Nichts und niemand hindert einen Menschen, Gottes Segen zu erhalten, am wenigsten die Kirche. Es gibt nur ein Hindernis zwischen dem Menschen und Gott: Die Sünde des Menschen.

  • Die Kirche segnet alle und sie betet für alle. Als Christen sollen wir auch homosexuell empfindende Menschen segnen. Nicht, weil sie homosexuell sind, sondern weil sie von Gott in diese Welt gestellt sind, von ihm als seine Geschöpfe geliebt und darum schon immer von ihm, Gott, gesegnet. Sündhafte Handlungen von Menschen können wir aber nicht segnen, weil sie nicht von Gott in die Welt gesetzt sind, sondern aus dem freien Willen der Menschen kommen. Zu glauben, alles was Menschen tun, habe ein Recht auf Segen, weil Gott doch alle (Menschen!) segne, ist ein grober Irrtum; man spiele das nur einmal mit anderen freien menschlichen Handlungen wie Mord, Ehebruch oder Diebstahl durch. Menschen können sündigen, d.h. sich von Gott(es Plan) abwenden, daher kann nicht alles, was Menschen tun, gesegnet werden.

  • Die Sünde ist Trennung von Gott und faktisch das Ausschlagen seines Segens.



Die christliche Gemeinschaft und die geistlichen Hirten sind aufgerufen, Menschen mit homosexuellen Neigungen mit Respekt und Takt aufzunehmen; sie werden im Einklang mit der kirchlichen Lehre die am besten geeigneten Wege zu finden wissen, um ihnen das Evangelium in seiner Fülle zu verkünden. Diese Personen mögen gleichzeitig die aufrichtige Nähe der Kirche anerkennen – die für sie betet, sie begleitet, mit ihnen den Weg des christlichen Glaubens teilt – und ihre Lehren mit aufrichtiger Bereitwilligkeit annehmen.

  • Dieser Aufruf gilt eigentlich für alle Menschen. Faktisch kennen die meisten Getauften die (Moral)Lehre der Kirche nicht und sie leben sie folglich auch nicht (und sie können folglich auch nicht über ihren Sinn oder Unsinn urteilen). Die Umfrage im Vorfeld der Familiensynode hat diese weitestgehende Unkenntnis (bei gleichzeitiger blinder Ablehnung des nicht Bekannten) eindrücklich belegt, vgl. meine Anmerkungen dazu hier; in kurz: die Hirten und Theologen haben seit Jahrzehnten (spätestens seit Humanae vitae) ihre Pflicht diesbzeüglich sträflich vernachlässigt und geben „Rom“ die Schuld daran. Die Theologie hat diesen Irrweg befeuert. [Dieses ideologische Spiel geht sogar so weit, dass z.B. einige Bücher von Johannes Paul II., insbesondere „Liebe und Verantwortung“, jahrzehntelang vergriffen waren und ganz bewusst nicht nachgedruckt wurden, auch nicht als dieser große Papst starb und heiliggesprochen wurde (welche Chance, sein schriftliches Erbe gewinnbringend unters Volk zu werfen!… vertan…): der Kösel-Verlag saß auf den Rechten seiner deutschen Übersetzung von 1979 und tat nichts damit. Es musste erst von Josef Spindelböck eine neue Übersetzung aus dem Polnischen erstellt werden, damit dieses wichtige Buch den deutschsprachigen Leser über einen anderen Verlag wieder erreichen konnte. Solche Blockaden seitens der Verlage sind recht effektiv, wenn man bestimmte Positionen und Gedanken kleinhalten will, und es ist die Theologie, die hier Druck auszuüben vermag.]

  • Hierzulande hört man es nicht gern, das es tatsächlich homosexuell empfindende Menschen gibt, die sich bemühen, entsprechend der Lehre der Kirche zu leben. Allen Unkenrufen zum Trotz gibt es diese Menschen. Besonders hervorzuheben ist hier das seit über 40 Jahren aktive Apostolat „Courage International“, das sich genau dieser Menschen annimmt. Diese homosexuell empfindenden Menschen, die nach der Lehre der Kirche zu leben sich bemühen, die gibt es, und der Prozentsatz könnte u.U. (ist nur eine Mußmaßung meinerseits) sogar dem der Heterosexuellen ähneln, die dies gleichfalls tun wollen.

  • Ich bin mir derweil sicher: Würden die Hirten ihrer Pflicht nachkommen und diese Lehre (zunächst selbst kennen und) unverkürzt verkünden, würden sehr viel mehr Menschen nach ihr leben, denn diese Lehre ist befreiend, erfüllend und einfach schön. Meine Meinung? Die hierzulande durch viel theologische Propaganda und Falschinformation fast schon zum Schimpfwort gewordene „Theologie des Leibes“ ist Mark und Bein einer christlichen Lehre und Lebenspraxis von Liebe und Sexualität für das 21. Jahrhundert. Möge sich Gott der Hirten erbarmen, die seit Jahrzehnten ihre Pflicht so sträflich vernachlässigt haben...



Die Antwort auf das vorgelegte Dubium schließt nicht aus, dass Segnungen einzelnen Personen mit homosexueller Neigung gespendet werden, die den Willen bekunden, in Treue zu den geoffenbarten Plänen Gottes zu leben, wie sie in der kirchlichen Lehre vorgelegt werden; sie erklärt jedoch jede Segnungsform für unzulässig, die dazu neigt, ihre Verbindungen anzuerkennen. In diesem Fall würde die Segnung nämlich die Absicht zum Ausdruck bringen, nicht bestimmte Einzelpersonen dem Schutz und der Hilfe Gottes im oben genannten Sinne anzuvertrauen, sondern einen Entschluss und eine Lebenspraxis zu billigen und zu fördern, die nicht als objektiv auf die geoffenbarten Pläne Gottes hingeordnet anerkannt werden können.

  • Erneut erfahren wir, dass für den Empfang des Segens Gottes der Wille, die Absicht für die Zukunft entscheidend ist. Wenn ich davon ausgehe, dass mir der Segen Kraft für ein anstehendes Werk gibt, dann wäre es schlicht eine Gotteslästerung (eine Sünde gegen den Heiligen Geist [Mt 12,31]?), diese göttliche Kraft für eine Sünde, also die Abkehr von Gott und zum Schaden für mich und andere einzusetzen. Die Argumentation zielt also nicht darauf ab, Gottes Segen oder gar Gott selbst „in Schutz zunehmen“, wie manche meinen. Sondern es geht um den Schutz des Menschen vor noch tieferer Verstrickung in die Sünde durch die Vergötzung oder Fetischisierung des göttlichen Segens für sündige Zwecke.

  • Ein Segen ist immer eine Einladung (oder Aufforderung), auf dem Weg Gottes zu gehen. Er dient nicht unseren Wünschen, sondern dem Willen Gottes für uns.

  • „Gottes Pläne“… wie sehr stört man sich an diesem Begriff! Es wird als kaum zu überbietende Dreistigkeit gesehen, dass „Rom“ meint, die „Pläne Gottes“ zu kennen. Tatsächlich geht es hier nur um das, was ich bereits erwähnte: Die Kirche äußert hier keinen Machtanspruch (oder Wissensvorsprung), sondern sie weist auf ihre eigenen Grenzen hin, dass sie sich nämlich nicht gegen den geoffenbarten Willen Gottes erheben kann (zur Frage, ob praktizierte Homosexualität laut der Bibel Sünde ist, vgl. meine Überlegungen hier). Täte sie es, sie hörte auf, seine Kirche zu sein.



Gleichzeitig erinnert die Kirche daran, dass Gott selbst nicht aufhört, jedes seiner Kinder zu segnen, die in dieser Welt pilgern, denn für ihn „sind wir […] wichtiger als alle Sünden, die wir begehen können“. Aber er segnet nicht die Sünde und er kann sie nicht segnen: Er segnet den sündigen Menschen, damit er erkennt, dass er Teil seines Liebesplans ist, und sich von ihm verändern lässt. Denn er „nimmt uns so, wie wir sind, aber lässt uns nie so, wie wir sind“.

  • Nochmal: Es ist zu unterscheiden zwischen dem Sünder und der Sünde, also zwischen dem Menschen und dem, was er tut. Wenn wir die Unterscheidung zwischen Sünder und Sünde nicht machen, dann müssten wir beides miteinander identifizieren – der Sünder ist die Sünde –, was dann nur zwei ungute Möglichkeiten bereithält: 1) Wir verurteilen jeden Sünder endgültig, ohne Möglichkeit von Umkehr und Vergebung, denn es gibt ja keine Unterscheidung zwischen der Sünde und dem Sünder – das will offenkundig niemand und das ist auch nicht der Weg Gottes. 2) Weil wir den Menschen für absolut gut halten, müssen wir auch alle seine sündhaften Handlungen für gut erklären, also faktisch die Idee der „Sünde“ abschaffen, um nicht – was wir ja nicht wollen – in 1) zu geraten – das scheint es zu sein, was nicht wenige heute gerne hätten, aber auch das ist offenkundig nicht der Weg Gottes. Der Ruf Jesu zur Umkehr (Mt 3,2) ist der Beweis für die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen Sünder und Sünde, denn dieser Ruf setzt sowohl die Realität der Sünde voraus, als auch die Möglickeit, sich von ihr abzuwenden.

  • Die Logik Mensch gut = Handlung gut ist für mich eine Ausgeburt des Snobismus. Sowas kann nur jemand denken, der noch nie die Folgen eigener oder fremder Sünden an sich selbst oder an anderen erlebt hat. Hier kommt ins Spiel, was Bernhard Meuser in seinem Buch "Freie Liebe" beschrieben hat: die, die die kirchliche Moral abschaffen wollen, zeichnen z.B. homosexuelle Beziehungen immer nur in den schillernsten Farben. Alles super aufgeklärte und reife, tief gläubige Menschen die ausschließlich respektvoll, achtsam und liebenswürdig miteinander umgehen. Zugleich zeichnen sie Menschen, die an der kirchlichen Moral scheitern, als die Schlimmsten, weil sie es überhaupt versucht haben. In der Realität sind die hier in Frage stehenden gleichgeschlechtlichen Beziehungen meist alles andere als ideal: Monogamie ist eher die Ausnahme, Drogen, Alkohol und Promiskuität sind hier deutlich häufiger anzutreffen. Die traurige Ironie dabei ist freilich, dass es für das Scheitern an der kirchlichen Moral viel Hoffnung gibt, denn insbesondere die Beichte schenkt stets die Möglichkeit des neuen Anfangs, während das Scheitern außerhalb der Kirche sehr schnell in einen bodenlosen Abgrund führt…



Aus diesen Gründen verfügt die Kirche weder über die Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts im oben gemeinten Sinne zu segnen, noch kann sie über diese Vollmacht verfügen.

  • Manche Kommentatoren behaupten, es gäbe in diesem Schreiben „dynamische Begrifflichkeitendie eine Weiterentwicklung ermöglichen würden (hier). Der entscheidende Begriff hier (wie auch in Ordinatio sacerdotalis) ist jedoch, wie schon erläutert, der der Vollmacht, und der ist nicht dynamisch.

  • Was ich oben zur Vollmacht ausgeführt habe, wird hier am Ende des Dokuments noch überboten: Nicht nur hat die Kirche die Vollmacht nicht, sie kann diese Vollmacht überhaupt nicht haben; Die Kirche darf nicht nur solche Verbindungen nicht segnen, sie kann es gar nicht dürfen. Mehr Absolutheit und weniger „Dynamik“ geht nicht.

  • Die Kritiker werden nun erwidern: Dann nehmen wir uns eben diese Vollmacht, wir bevollmächtigen uns selbst. Und damit sind wir wieder bei Jesus: bis heute wird dem Himmelreich Gewalt angetan und Gewalttätige reißen es an sich.“ (Mt 11,12) Nichts Neues unter der Sonne (vgl. Pred 1,9).



Papst Franziskus wurde in der dem unterzeichnenden Sekretär dieser Kongregation gewährten Audienz über das vorliegende Responsum ad dubium samt der Erläuternden Note informiert und hat ihre Veröffentlichung gutgeheißen.

  • Der Münsteraner Dogmatiker Michael Seewald meint, mit dieser Wortmeldung aus Rom seien drei der synodalen Themen faktisch abgewickelt (hier): 1) den Zölibat habe Papst Franziskus nach der Amazonassynode bekräftigt (z.B. hier); 2) das Frauenpriestertum könne man sowieso vergessen (vgl. die entsprechende Stellungnahme der Glaubenskongregation aus dem Jahr 2018, hier, worin die Lehre von Ordinatio sacerdotalis nochmals bestätigt wurde); 3) und nun sei auch die Frage nach der Segnung homosexueller Partnerschaften vom Tisch.Ganz Unrecht hat der Dogmatiker nicht, er vergisst allerdings die Instruktion der Kleruskongregation vom Juni 2020 („Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde“, hier), die klargestellt hat, dass Laien nicht Pfarrer sein können; damit ist auch das vierte Thema des suizidalen Weges eigentlich erledigt. Was dem Dogmatiker auch entgangen zu sein scheint (was man in Deutschland aber generell einfach nicht wahrnehmen wollte), ist, dass das hier nun behandelte Thema eigentlich bereits 2016 durch Amoris Laetitia Nr. 251 (hier) entschieden wurde, worauf sich das hier behandelte Schreiben ja auch maßgeblich stützt, da „es keinerlei Fundament dafür [gibt], zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn“.

  • Alle vier „Themen“ des synodalen Weges haben bereits ihre Absage vom Papst erhalten… Und nun?



Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, am 22. Februar 2021, dem Fest der Kathedra Petri.

  • Des Öfteren wird so getan, als ob dieses Verbot der Segnung gleichgeschlechtlicher Verbindungen etwas Neues wäre. Das ist es natürlich nicht, denn die Kirche hat solche Segnungen nie gutgeheißen, auch schon vor dem 22. Februar 2021. Ausdrückliche „Verbote“ gibt es erst aus jüngerer Zeit, einfach weil es erst in jüngerer Zeit Forderungen und Versuche gibt, solche Segnungen durchzuführen. Das Responsum aus Rom bestätigt und bekräftigt jedoch nur, was vorher schon galt, insofern ist jede Empörung seitens kirchlicher Würdenträger oder aus der Theologenschaft entweder nur ein Schauspiel für die Medien, oder die sich so Äußernden hatten bislang wirklich keine Ahnung, was ihre Kirche lehrt. Ein gutes Beispiel bietet aktuell der in solchen Fragen des Öfteren sich äußernde Bischof Johan Bonny aus Antwerpen, der nach dieser Weisung aus Rom, medial gut platziert, sich nun für seine Kirche „schämt“ (hier). [Ich hatte mich vor einigen Jahren schonmal mit dem Wirrwar des Denkens dieses Bischofs befasst (hier).] Dass die Kirche Segnungen für gleichgeschlechtliche Verbindungen für unzulässig hält und sie auch vor diesem Responsum schon (auf lokaler Ebene) verboten wurden, lässt sich sogar ohne Rückgriff auf den Katechismus oder den Blick ins ferne „Rom“ belegen: Im Jahr 2018 hat der Freiburger Erzbischof Stephan Burger im Anschluss an jene aus Amoris laetitia zitierte Stelle (Nr. 251) für sein Bistum bereits die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ausdrücklich untersagt, ebenso Bischof Fürst von Rottenburg-Stuttgart (hier). Ein Jahr zuvor tat Bischof Genn in Münster das Gleiche (hier). Also: Die aktuelle „römische“ Weisung ist nichts Neues.