Theologe: Kurienreform beginnt mit Papst-Amt

Eine Kurienreform muss nach Einschätzung des emeritierten Tübinger Theologen Dietmar Mieth mit Änderungen beim Papst-Amt beginnen. Auch sprach sich Mieth dafür aus, dass auch Frauen Kardinäle werden können.

Die Fülle und Autorität des Amtes sei für eine Einzelperson „spätestens im Zeitalter von Globalisierung und Pluralisierung weder überschaubar noch beherrschbar“, schrieb Mieth am Donnerstag in einem Beitrag für die deutsche Katholische Nachrichten-Agentur KNA.

Bilanz zur „Köllner Erklärung“

Darin zog der weltweit erste Nicht-Priester auf einem Lehrstuhl für Moraltheologie auch eine Bilanz der „Kölner Erklärung“, in der mit Datum vom 6. Jänner 1989, also vor 25 Jahren, Theologen massive Kritik am vatikanischen Zentralismus geübt hatten. Mieth gehörte zu den Initiatoren des am 25. Jänner 1989 in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ veröffentlichten Papiers.

Theologen Dietmar Mieth 2007

CC/Gwyndon/Wettach/Wikipedia

Dietmar Mieth
war weltweit der erste Nicht-Priester auf einem Lehrstuhl für Moraltheologie. Seit 2008 ist er emeritiert. Heute ist er Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des Instituts Mensch, Ethik, Wissenschaft. Seit 2003 ist er auch Mitglied der Enquete-Kommission Ethik und Recht der modernen Medizin des Deutschen Bundestags.

Mieth betonte nun, das Papst-Amt habe sich seit dem 19. Jahrhundert „mit geradezu absoluter Macht“ ausstatten lassen. Für den Theologen geht es um die Frage, wie garantiert werden könne, dass „selbstbewusste, mit Rom, aber auch untereinander gesprächsbereite und seelsorglich offene Bischöfe die Ortskirchen leiten und an der Leitung der Gesamtkirche teilnehmen“. Diese gemeinsame Leitungsverantwortung aller Bischöfe werde durch die Kontrolle ihrer „Unterwerfungsbereitschaft unter die Vorgaben der Kurie nicht gerade befördert“. Mieth wörtlich: „Manchmal kann man die Ängstlichkeit unter den Talaren geradezu spüren. Eingeübte Angst macht bei fehlender innerer Freiheit autoritär.“

Päpstliche Rechtsgewalt

Bei einer Kurienreform müsse die Ausübung der päpstlichen Rechtsgewalt „fundamental neu durchdacht werden“, so Mieth. Es gehe dabei nicht um die Illusion, die Kirche basisdemokratisch gleichzuschalten. Aber viel, so Mieth, wäre schon gewonnen, wenn die Kirche dem Bild des Zweiten Vatikanischen Konzils "von einer Kommunikationsgemeinschaft ohne Einbahnstraßen entsprechen könne. Das sei aber nur möglich, wenn eine Kurienreform das Anliegen der Dezentralisierung von Franziskus strukturell umsetzt.

Der Theologe sprach sich weiter dafür aus, dass auch Frauen Kardinäle werden sollten. Die mit der Kardinalserhebung verbundenen Weihen gehörten „nicht zum Wesen des Amtes“. Frauen können nach den Vorstellungen des Theologen auf diese Weise an der Kirchenleitung beteiligt werden. Wörtlich betonte Mieth: „Wer die Strukturen von ihren Verkrustungen und von ihren fragwürdigen Begründungen befreit, wird viel Feuer an den Rändern der Kirche neu entfachen, neues Vertrauen erleben und vielen Menschen die Freude des Evangeliums wiedergeben.“

KNA/KAP/religion.ORF.at

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