Unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit ist am Sonntag in Berlin das erste gleichgeschlechtliche Paar getraut worden. Im Rathaus Schöneberg gaben sich am Morgen zwei Männer das Jawort. Die Berliner Karl Kreile und Bodo Mende zeigten vor Freunden und Angehörigen sowie der anwesenden Presse stolz ihre Urkunde zur Eheschließung. Danach schnitten sie gemeinsam eine Hochzeitstorte an, auf der ein Regenbogen zu sehen war. Acht weitere schwule und lesbische Paare sollen in der Hauptstadt an diesem Tag noch folgen, berichtet Radio Berlin 88,8.
Der Bundestag hatte im Juni die historische Gesetzesänderung beschlossen. SPD, Grüne und Linke, aber auch etliche Unionsabgeordnete stimmten der „Ehe für alle“ zu. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) votierte mit Nein. Schwule und Lesben konnten bislang nur eingetragene Lebenspartnerschaften eingehen. Die Gesetzesänderung bedeutet die volle Gleichstellung in der Ehe, etwa auch bei der Adoption von Kindern.
Zahlreiche Politiker veröffentlichten am Sonntag auf Twitter Posts zu der Gesetzesänderung. „Heute tritt die Ehe für alle in Kraft“, schrieb der Bundestagsabgeordnete Dietmar Bartsch (Die Linke). „Ein historischer Tag. Danke an alle, die dafür kämpften. Und alles Gute für die, die sich trauen.“
„Ab heute wird umgesetzt und zelebriert, wofür wir Grüne jahrzehntelang gekämpft haben“, erklärten Göring-Eckardt und Hofreiter. Überall, wo die Liebe hinfalle, dürfe nun auch geheiratet werden – „und das ist gut so“. Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck, der zu den entschiedensten Kämpfern für die Gleichstellung zählte, sprach von einem „Sieg der Gerechtigkeit über das Vorurteil“. Deutschland sei „ein wenig inklusiver und demokratischer geworden“.
Auch in Hamburg und Hannover öffneten am Sonntag Rathäuser, um gleichgeschlechtliche Paare zu trauen. In Rheinland-Pfalz und dem Saarland müssen Paare dagegen noch etwas warten. Denn viele Standesämter haben am Sonntag geschlossen. Das betrifft beispielsweise die Behörde in Mainz.
Dort können Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern sogar erst ab dem 5. Oktober besiegelt werden. „Weil wir hier umzingelt sind vom Tag der Deutschen Einheit“, sagte Stadtsprecher Ralf Peterhanwahr. Das Einheitsfest findet in diesem Jahr in der rheinland-pfälzischen Hauptstadt statt. Erst danach sind auch Umwandlungen von eingetragenen Lebenspartnerschaften in eine Ehe möglich.
Ehe „an dem Stichtag nie angefragt worden“
Das Interesse daran sei bislang moderat, sagte Peterhanwahr. Zum erstmöglichen Termin seien eine neue Ehe und drei Umwandlungen geplant. Insgesamt stünden bis Ende des Jahres bislang 25 Termine für eine Umwandlung oder eine neue Ehe auf der Agenda des Standesamts.
Auch in Saarbrücken bleibt die Traubehörde am Sonntag geschlossen. Eine gleichgeschlechtliche Eheschließung sei allerdings an dem Stichtag „auch nie angefragt worden“, sagte Amtsleiterin Tanja Theis.
Bis Ende des Jahres seien bislang sieben gleichgeschlechtliche Paare zum Heiraten angemeldet. Im Fall von Umwandlungen einer eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe ist die Zahl höher: „Da haben wir schon so 35 Anfragen vielleicht und die auch schon terminiert.“