Wieso bloß?
2012-04-25
»weitgehend unreflektierte Stil kritischer Auseinandersetzung« – Was ist bloß der Sinn hinter diesem Wortcluster? Wieso meint der Verfasser des Gastkommentars in der Kölner Kirchenzeitung, dass sich »der anständige Nutzer« mit Grauen vom Internet abwende? Wobei »der anständige Nutzer« dann auch noch gefälligst erkannt haben müsse, »dass Toleranz im Internet ganz anders definiert wird als im Brockhaus«. Klar, dass ich dann kein »anständiger Nutzer« sein kann; denn ich habe noch nie die Definition von Toleranz im Brockhaus nachgelesen. Ich bin noch nicht einmal auf die Idee gekommen. Na ja, hier gilt wohl der Ratschlag des betulichen Briefkastenonkels: »Allerdings ist dabei gut zu unterscheiden: Mit Provokateuren lohnt kein Gespräch.«
Wieso bloß hört sich ein Gastkommentar eines Bloggers in einem Bistumsblatt an wie der übliche 08/15-Kirchensäuselsprech in einem Bistumsblatt?
Und wieso bloß fühle ich mich beim Lesen dieses Gastkommentars an die Klagen aus der Piratenpartei erinnert, jetzt kaperten Politkarrieristen die Posten?
Ja, wieso bloß?

"Herr, es liegt ein Traum von dir in meiner Seele, aber ich kann nicht zu dir kommen, denn alle meine Tore sind verriegelt!
Ich bin belagert wie von Heerscharen, ich bin eingeschlossen in mein ewiges Allein!
Meine Hände sind daran zerbrochen, und mein Haupt ist daran wundgestoßen, alle Bilder meines Geistes sind daran zu Schatten geworden!
Denn es fällt kein Strahl von dir in meine Tiefen, es fällt immer nur in sie das Mondlicht meiner Seele!
Wie bist du hereingekommen, du Stimme meines Gottes?"
Gertrud von Le Fort "Hymnen an die Kirche"