Horst Seehofers Wende
Horst Seehofer hat in den letzten Tagen das politische Gefüge der Bundesrepublik Deutschland verändert und zwar so gründlich, dass selbst der für seine Schnoddrigkeit bekannte Spiegel um Fassung ringt (www.spiegel.de/…/horst-seehofer-…). Auch die FAZ hat Mühe, mit der Entwicklung schritt zu halten.
Was hat Seehofer gemacht? Er hat etwas für protestantisch-deutsche Gemüter unfassliches getan. Er hat die Kanzlerin vom hohen Podest der Angela Nova auf den Boden der Tatsachen heruntergeholt. Die Kaiserin ist fortan geerdet, untergehakt und eingereiht.
Nun ist Angela Merkel im Umgang mit politisch ehrgeizigen Männern geübt, die Männer vom Anden-Pakt kennt schon lange keiner mehr. Alle gestutzt und in Mäuschen verwandelt. Noch am Sonntagabend schien die Lage wie klar. Angela war auf dem üblichen Wege zum Erfolg: Keine nationalen Lösungen im Streit um die Zuwanderung, nur im europäischen Verbund kann sinnvoll gehandelt werden. Merkel hatte damit die europäische Richtung gewählt und sich hinter das Erbe von Adenauer und De Gaulle gestellt, dass Deutschland und Frankreich beide Europa brauchen, ein Erbe und eine Erfahrung, die wir durch zwei katastrophale Kriege bitter bezahlt haben. Vor diese unbezwingbare Wand hatte Angela Merkel ihren Horst Seehofer gestellt, und die Medien waren schon diensteifrig in Stellung gegangen, um auf Handzeichen abdrücken zu dürfen. Eine mediale Hinrichtung schien nahe.
www.spiegel.de/…/horst-seehofer-…
www.faz.net/…/horst-seehofer-…
www.nzz.ch
de.sputniknews.com/…/201807013213849…
„Einseitige Zurückweisungen von Migranten seien das falsche Signal an die europäischen Gesprächspartner, sagte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer am späten Sonntagabend in Berlin.“ Angela Merkel hatte ihr politisches Schicksal mit der europäischen Lösung verbunden. Seehofer musste also nicht nur das politische Bündnis von CDU und CSU brechen, sondern auch das europäische Zerwürfnis riskieren.
Seehofer ist den von Merkel aufgemalten Weg nicht gegangen. Er ist stehen geblieben und hat sich auf die Frage der Glaubwürdigkeit konzentriert und mit seinem halben Rücktritt eine offene Situation geschaffen.
Harte Männer kann die Merkel wuppen, die halten ihr nicht lange stand. Aber mit einer offenen Situation kann sie nur bedingt umgehen. Seine Weichheit kommt Horst Seehofer im Ringen um die Macht und die Ausrichtung der deutschen Politik zu Gute, denn dass „das weiche Wasser in Bewegung mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt. Du verstehst, das Harte unterliegt“, ist mehr als eine taoistische Weisheit.
Seehofer ist sich seiner Aufgabe bewusst. Das klingt schon in dem Pressestatement vor einer Woche an. Sein Satz an die anwesenden Journalisten, „sie haben ein schönes Leben“, klingt mir noch immer in den Ohren. Solche Sätze sagt man in Schlüsselmomenten, persönlichen wie politischen. Auch sein Zitat von Michael Stürmer beschreibt den Horizont der nächsten Jahre. Wir leben in einer Zwischenzeit, in der das amerikanische Jahrhundert noch nicht vorbei ist und das chinesische noch nicht begonnen hat, einer Zeit, in der Deutschland in besonderer Weise gefährdet ist. Nach dem Zusammenprall der Kulturen organisiert Donald Trump den Zusammenprall der Wirtschaftsräume. Nun muss gehandelt werden, nicht irgendwann, sondern jetzt. Diesen Punkt hat Seehofer in den Raum gestellt, festgestellt und festgehalten, sodass es kein Vorbeigehen mehr geben kann. Keine Unterordnung des Notwendigen unter die Form, ohne die Form zu brechen, nur durch biegen.
Innenpolitisch wird sich Deutschland ändern. Die Kulturrevolution, von der AfD eingeleitet, wird in die Mitte der Gesellschaft wandern. Die AfD selbst ist dafür nicht mehr zwingend erforderlich, ja vielleicht sogar hinderlich. Denn die Wut und der Eifer, die Empörung und das Geschrei, die erforderlich sind, um kulturelle Gewohnheiten einzureißen und eine Wende einzuleiten, hindern meist daran, die sachlichen Ergebnisse zu sichern. So frist jede Revolution ihre Kinder und generiert im Ergebnis einen Pragmatismus, der den Kindern als Verrat erscheinen will und doch nur die Kontinuität ihres Erfolgs beschreibt. Sowohl in der FAZ wie im Spiegel zeichnet sich bereits ab, dass bei Gauland ein massiver Realitätsverlust diagnostiziert werden soll. Dass er krank sein könnte, hatte bereits Jan Fleischhauer im Spiegel erwogen (www.spiegel.de/…/gaulands-kontro…), nun folgt ihm auch die FAZ mit einem Kommentar von Jasper von Altenbockum (www.faz.net/…/gaulands-rede-a…). Welche Therapie auf diese Diagnose folgen könnte? Dass die Strategie von Steve Bannon, Deutschland durch einen im innersten anti-deutsch eingestellten Nationalismus zu schwächen, intellektuell zwar genial ist, aber in der Umsetzung auch das gute Gegenteil bewirken und den deutschen Konsens sehr wohl stärken kann. Seehofer hat diesen Weg geöffnet, indem er Angela Merkel unterhakt und mitnimmt.
Seehofers Entscheidung erinnert mich ein bisschen an Oskar Lafontaines Bruch mit der rot-grünen Bundesregierung, aber auch nur ein bisschen. Immerhin ist die SPD in den diesen Tagen erstaunlich bedeutungslos, wirkt wie geistig entkernt. Lafontaine und Wagenknecht aber könnten mit ihrer Sammlungsbewegung sehr wohl Teil des kulturellen Wandels sein, und dafür sorgen, dass die ganze Gesellschaft sich bewegt.
Seehofer hat Deutschland verändert. Darf er das?
Und darf er das als Katholik und als Bayer? Darf er dem großen Berlin sagen, wo der Weg lang geht? Im Grunde ist es gute deutsche Tradition, dass wir, wenn der Kaiser unpässlich ist, Bürgerinitiativen, Arbeiter- und Soldatenräte, Genossenschaften oder andere Formen der Selbsthilfe bilden, um die Ordnung aufrechtzuerhalten, natürlich nur solange bis der Kaiser wieder kann. Der Deutsche rebelliert nicht gegen, wohl aber für die Ordnung.
Was hat Seehofer gemacht? Er hat etwas für protestantisch-deutsche Gemüter unfassliches getan. Er hat die Kanzlerin vom hohen Podest der Angela Nova auf den Boden der Tatsachen heruntergeholt. Die Kaiserin ist fortan geerdet, untergehakt und eingereiht.
Nun ist Angela Merkel im Umgang mit politisch ehrgeizigen Männern geübt, die Männer vom Anden-Pakt kennt schon lange keiner mehr. Alle gestutzt und in Mäuschen verwandelt. Noch am Sonntagabend schien die Lage wie klar. Angela war auf dem üblichen Wege zum Erfolg: Keine nationalen Lösungen im Streit um die Zuwanderung, nur im europäischen Verbund kann sinnvoll gehandelt werden. Merkel hatte damit die europäische Richtung gewählt und sich hinter das Erbe von Adenauer und De Gaulle gestellt, dass Deutschland und Frankreich beide Europa brauchen, ein Erbe und eine Erfahrung, die wir durch zwei katastrophale Kriege bitter bezahlt haben. Vor diese unbezwingbare Wand hatte Angela Merkel ihren Horst Seehofer gestellt, und die Medien waren schon diensteifrig in Stellung gegangen, um auf Handzeichen abdrücken zu dürfen. Eine mediale Hinrichtung schien nahe.
www.spiegel.de/…/horst-seehofer-…
www.faz.net/…/horst-seehofer-…
www.nzz.ch
de.sputniknews.com/…/201807013213849…
„Einseitige Zurückweisungen von Migranten seien das falsche Signal an die europäischen Gesprächspartner, sagte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer am späten Sonntagabend in Berlin.“ Angela Merkel hatte ihr politisches Schicksal mit der europäischen Lösung verbunden. Seehofer musste also nicht nur das politische Bündnis von CDU und CSU brechen, sondern auch das europäische Zerwürfnis riskieren.
Seehofer ist den von Merkel aufgemalten Weg nicht gegangen. Er ist stehen geblieben und hat sich auf die Frage der Glaubwürdigkeit konzentriert und mit seinem halben Rücktritt eine offene Situation geschaffen.
Harte Männer kann die Merkel wuppen, die halten ihr nicht lange stand. Aber mit einer offenen Situation kann sie nur bedingt umgehen. Seine Weichheit kommt Horst Seehofer im Ringen um die Macht und die Ausrichtung der deutschen Politik zu Gute, denn dass „das weiche Wasser in Bewegung mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt. Du verstehst, das Harte unterliegt“, ist mehr als eine taoistische Weisheit.
Seehofer ist sich seiner Aufgabe bewusst. Das klingt schon in dem Pressestatement vor einer Woche an. Sein Satz an die anwesenden Journalisten, „sie haben ein schönes Leben“, klingt mir noch immer in den Ohren. Solche Sätze sagt man in Schlüsselmomenten, persönlichen wie politischen. Auch sein Zitat von Michael Stürmer beschreibt den Horizont der nächsten Jahre. Wir leben in einer Zwischenzeit, in der das amerikanische Jahrhundert noch nicht vorbei ist und das chinesische noch nicht begonnen hat, einer Zeit, in der Deutschland in besonderer Weise gefährdet ist. Nach dem Zusammenprall der Kulturen organisiert Donald Trump den Zusammenprall der Wirtschaftsräume. Nun muss gehandelt werden, nicht irgendwann, sondern jetzt. Diesen Punkt hat Seehofer in den Raum gestellt, festgestellt und festgehalten, sodass es kein Vorbeigehen mehr geben kann. Keine Unterordnung des Notwendigen unter die Form, ohne die Form zu brechen, nur durch biegen.
Innenpolitisch wird sich Deutschland ändern. Die Kulturrevolution, von der AfD eingeleitet, wird in die Mitte der Gesellschaft wandern. Die AfD selbst ist dafür nicht mehr zwingend erforderlich, ja vielleicht sogar hinderlich. Denn die Wut und der Eifer, die Empörung und das Geschrei, die erforderlich sind, um kulturelle Gewohnheiten einzureißen und eine Wende einzuleiten, hindern meist daran, die sachlichen Ergebnisse zu sichern. So frist jede Revolution ihre Kinder und generiert im Ergebnis einen Pragmatismus, der den Kindern als Verrat erscheinen will und doch nur die Kontinuität ihres Erfolgs beschreibt. Sowohl in der FAZ wie im Spiegel zeichnet sich bereits ab, dass bei Gauland ein massiver Realitätsverlust diagnostiziert werden soll. Dass er krank sein könnte, hatte bereits Jan Fleischhauer im Spiegel erwogen (www.spiegel.de/…/gaulands-kontro…), nun folgt ihm auch die FAZ mit einem Kommentar von Jasper von Altenbockum (www.faz.net/…/gaulands-rede-a…). Welche Therapie auf diese Diagnose folgen könnte? Dass die Strategie von Steve Bannon, Deutschland durch einen im innersten anti-deutsch eingestellten Nationalismus zu schwächen, intellektuell zwar genial ist, aber in der Umsetzung auch das gute Gegenteil bewirken und den deutschen Konsens sehr wohl stärken kann. Seehofer hat diesen Weg geöffnet, indem er Angela Merkel unterhakt und mitnimmt.
Seehofers Entscheidung erinnert mich ein bisschen an Oskar Lafontaines Bruch mit der rot-grünen Bundesregierung, aber auch nur ein bisschen. Immerhin ist die SPD in den diesen Tagen erstaunlich bedeutungslos, wirkt wie geistig entkernt. Lafontaine und Wagenknecht aber könnten mit ihrer Sammlungsbewegung sehr wohl Teil des kulturellen Wandels sein, und dafür sorgen, dass die ganze Gesellschaft sich bewegt.
Seehofer hat Deutschland verändert. Darf er das?
Und darf er das als Katholik und als Bayer? Darf er dem großen Berlin sagen, wo der Weg lang geht? Im Grunde ist es gute deutsche Tradition, dass wir, wenn der Kaiser unpässlich ist, Bürgerinitiativen, Arbeiter- und Soldatenräte, Genossenschaften oder andere Formen der Selbsthilfe bilden, um die Ordnung aufrechtzuerhalten, natürlich nur solange bis der Kaiser wieder kann. Der Deutsche rebelliert nicht gegen, wohl aber für die Ordnung.