Karfreitag: Vom Ritterroman zur Wagner-Oper

Des Sünders Reuetränen sind es,
die heut mit heil'gem Tau
beträufet Flur und Au';
der ließ sie so gedeihen.
Nun freut sich alle Kreatur
auf des Erlösers holder Spur,
will ihr Gebet ihm weihen.
Ihn selbst am Kreuze kann sie nicht erschauen;
da blickt sie zum erlösten Menschen auf;
der fühlt sich frei von Sündenlast und Grauen,
durch Gottes Liebesopfer rein und heil.
Das merkt nun Halm und Blume auf den Auen“
,
dichtet Richard Wagner über ein Karfreitagswunder in der Natur und erfindet an einem Karfreitag die Musik dazu. Es geht um den heiligen Gral und den Gralssucher Parzival:
Der naive Parzival hält sich wörtlich an alles, was man ihm sagt. Dadurch entstehen peinliche, für den Leser lustige Situationen. Drei Ritter hält er für die göttliche Dreifaltigkeit, oder er küsst unvermittelt eine fremde Frau, den „Aufklärungsunterricht“ seiner Mutter missverstehend. Aber tapfer befreit er eine junge Königin aus einer feindlichen Belagerung und der Gefahr, ausgehungert zu werden. Beide heiraten. Und so könnte ein mittelalterlicher Ritterroman zu ende gehen. Der um 1200 lebende deutsche Dichter Wolfram von Eschenbach folgt indes seiner französischen Vorlage, die den heiligen Gral ins Spiel bringt. Ob Paradieseswurzel oder Abendmahlskelch oder Turiner Grabtuch, der heilige Gral treibt den jungen Ehemann Parzival wieder in die Welt hinaus. Als er unwissend die Gralsburg erreicht und den Gral sehen darf, erlebt er zugleich die schwere Krankheit des dortigen Gralskönigs Amfortas. Obwohl mit dessen Schwert beschenkt und ausgezeichnet, hält er sich an die höfische Regel, keine persönlichen Fragen zu stellen. Hier aber wäre Mitleid angemessen gewesen, eine mitleidige Frage nach dem Grund des Leidens: Ein rachsüchtiger Bösewicht hatte durch schöne Frauen den Gralskönig zur Unkeuschheit verführt und ihn dann mit einer Lanze schmerzlich und dauernd verwundet. Nun schwärt die Wunde, und Parzival hätte neuer Gralskönig werden können; der bisherige hätte nicht mehr den Gral schauen müssen mit dessen schmerzlicher Wirkung irdischer Unsterblichkeit. --- Parzival wird von den Gralsrittern nun schmählich ignoriert, verlässt die Gralsburg verwirrt, empfindet mit der Zeit immer mehr, dass er seine Berufung verfehlt hat! Und darum zweifelt er an Gott, der das zuließ. --- An einem Karfreitag kommt die Wende. Ein Eremit erklärt dem jungen Gotteszweifler die Bedeutung dieses stillen Tages. Richard Wagner hat diese Wendung im sogenannten „Karfreitagszauber“ gestaltet: Die winterliche Natur erblüht dank der Menschentränen ob Jesu Christi Tod, so wird Parzival vom Eremiten belehrt. Parzival darf nun erneut die Gralsburg aufsuchen und den Gralskönig von seinem Leiden erlösen, und zwar mittels der heiligen Lanze, die damals Jesu Herz durchstieß und jetzt das Heilungswunder wirken wird. Hier Richard Wagners beglückende Musik "Karfreitagszauber" (aber instrumental). Man muss sich vorstellen: Der Eremeit belehrt Parzival über das Geheimnis des Karfreitags; Parzival tauft daraufhin eine heidnische Frau, Kundry, die an Maria Magdalena erinnert: Parsifal - Karfreitagszauber - Good Friday Music - Wagner - Kempe
Klaus Elmar Müller shares this
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Über die Parzival-Legende mit Link zu Richard Wagners Karfreitags-Musik